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Künstliche Intelligenz: Umbruch in der Lehre

Künstliche Intelligenz ist in der Lehre angekommen und sorgt dort für ordentlich Diskussionsbedarf. Welche Studienfächer sich verändern und auf welche Art und Weise, zeigen drei Experten aus Theorie und Praxis.

Künstliche Intelligenz beeinflusst Unterrichtsinhalte und Prüfungssituationen.
Künstliche Intelligenz beeinflusst Unterrichtsinhalte und Prüfungssituationen.

Andreas Stöckl leitet an der FH Oberösterreich am Campus Hagenberg das Digital Media Department und ist außerdem KI-Experte. Seiner Einschätzung nach kommt es durch die KI zu einer Veränderung der Berufsbilder.

"Viele technische Fähigkeiten haben keine Bedeutung mehr, weil es die KI kann."
Andreas Stöckl
Fachhochschule Oberösterreich

Deshalb sei es notwendig, dass sich Inhalte von Studienfächern der KI anpassen: "Themen nicht im Unterricht zu behandeln, die im späteren Berufsleben sowieso auftreten, wäre definitiv falsch."

Künstliche Intelligenz verändert Unterrichtsinhalte

Die KI biete einerseits den Lehrenden die Möglichkeit, neue Tools und Technologien in den Unterricht einzubauen, andererseits müssten bestimmte Inhalte gar nicht mehr gelehrt werden: "Viele technische Fähigkeiten, wie beispielsweise in Photoshop, haben keine Bedeutung mehr, weil es die KI-Funktionalitäten automatisch können. Dies wiederum verändert den Unterrichtsinhalt."

Welche Studienfächer sind konkret davon betroffen? "Überall, wo Text produziert wird, wo Mediendaten verarbeitet werden, wo programmiert wird, was bleibt da noch über?"

In der Zukunft könnten sich die Studienfächer aber noch weiter verändern: "Es gibt Experimente mit digitalen Hilfslehrern."

Warum es das braucht? "Wenn ich allein in einer Übung mit 30 Studierenden bin, kann ich wahrscheinlich nicht jeden 1:1 betreuen, wie es notwendig wäre." Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn es zur Veränderung in den Studienfächern kommt, seien Prüfungssituationen, sagt Stöckl: "Mündliche Prüfungen werden mehr Bedeutung haben." Und insbesondere bei Seminararbeiten müsse sich einiges tun. "Fragestellungen von schriftlichen Arbeiten werden sich ändern und praktische Anteile werden aus meiner Sicht mehr Bedeutung haben."

Der richtige Umgang mit KI im Stundenplan

Doch nicht nur das Arbeiten mit KI, sondern auch der richtige Umgang damit gehört im Stundenplan verankert, meint Andreas Stöckl: "Wenn ich das nicht lehre, bilde ich nicht das Berufsbild aus. Den Umgang mit KI zu lehren ist kein ,nice to have', sondern ganz klar ein Muss."

Wie sieht dies nun in der Praxis aus?

"Die KI ist auf der kompletten Breite unserer Studiengänge angekommen."
Michael Kohlegger
Fachhochschule Kufstein Tirol

Michael Kohlegger ist Vizerektor und Professor an der FH Kufstein: "Die KI ist auf der kompletten Breite unserer Studiengänge angekommen." Fächer mit Kreativbezug würden die KI besonders spüren: "Immer dort, wo es um das Generieren von Inhalten geht, sei es textlicher Natur oder Bilder und Videos, sehen wir dies besonders und dort sind die Tools wahnsinnig hilfreich." Die größte Veränderung in den Fächern: "Das sind die Kompetenzen, die wir vermitteln müssen."

Während etwa in Lehrveranstaltungen des Masterstudienganges Data Science & Intelligence Analytics oder der klassischen Informatik schon mehr Hintergrundwissen zur KI existiere, müsse man etwa bei eher betriebswirtschaftlichen Fächern mehr Kompetenzen und Wissen vermitteln. Es gibt allerdings schon Lehrveranstaltungen, in denen es rein um KI geht. Davon soll es laut Kohlegger auch in Zukunft mehr geben: "Wir versuchen in unserer Lehre das abzubilden, was die Gesellschaft aktuell beschäftigt und fordert." Dabei werden die Studienfächer "regelmäßig revisioniert, um den aktuellen Trends gerecht zu werden". So haben etwa einige Fächer künstliche Intelligenz oder Digitalisierung bereits im Namen. Kohlegger: "Wenn es einer vormacht, müssen die anderen nachziehen. Da wird es einen Sog geben, sich in diese Richtung weiterzuentwickeln."

KI wirkt sich auch auf Prüfungen aus

Die KI wirke sich aber nicht nur auf die Inhalte der Studienfächer, sondern auch auf deren Prüfungssituation aus. Im Kollegium diskutiere man stets über Möglichkeiten, man wolle sich vor der KI nicht verschließen. Kohlegger: "Wir haben uns aktuell darauf geeinigt, dass wir bei Abschlussarbeiten darauf achten, dass Werkzeuge wie ChatGPT und Co. nur zum Redigieren und zur Recherche verwendet werden." Erste Ideen für eine zukünftige Lösung existieren bereits: "Wir überlegen mittelfristig, dass wir bei schriftlichen Prüfungen oder Arbeiten einen mündlichen Teil miteinbauen."

"KI ist für die Informatik an sich kein neues Phänomen.“"
Christoph Kirsch
Paris Lodron Universität Salzburg

Auch an der Universität Salzburg spielt die künstliche Intelligenz in den Studienfächern eine Rolle, besonders in der Informatik. Christoph Kirsch ist Universitätsprofessor und Leiter des Fachbereichs. Er betont den bereits langjährigen Einsatz der künstlichen Intelligenz: "KI ist für die Informatik an sich kein neues Phänomen. Sie ist schon immer ein wichtiger Teil davon und jetzt durch die Medien und durch Erfolge immer wieder nach außen für alle sichtbar." Die Inhalte der Studienfächer selbst beschäftigen sich intensiv mit der KI: "Es gibt Vorlesungen, wo die modernen Methoden und die mathematischen Grundlagen der KI gelehrt werden." Hintergrundwissen zur künstlichen Intelligenz allein reiche aber nicht aus: "Studierende müssen natürlich auch wissen, wie man so etwas auf einer Maschine konstruiert, also Programmieren und Entwicklung von Systemen."

Bei Veränderungen der Prüfungsmodalitäten sorgt sich die Informatik nicht: "In einem Fachgebiet wie der Informatik ist das kein Problem, weil die Prüfung nur geschafft werden kann, wenn man den Stoff versteht. Es werden Probleme definiert, die nur durch Ausprobieren gelöst werden können. So was kann man mit KI nicht schaffen." Dennoch sei die künstliche Intelligenz für die Studienfächer der Informatik ein sehr wichtiger und beständiger Teil. Christoph Kirsch ist sich sicher: "Die Informatik sieht die KI nicht als Feindbild, sondern als Chance."Künstliche Intelligenz ist in der Lehre angekommen und sorgt dort für ordentlich Diskussionsbedarf. Welche Studienfächer sich verändern und auf welche Art und Weise, zeigen drei Experten aus Theorie und Praxis.