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Mit Fokus auf Gesundheit: Drei neue Boltzmann-Institute präsentiert

Forschungsinstitute zu Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge, nanovesikulärer Präzisionsmedizin sowie Netzwerkmedizin vorgestellt.

Am Montag wurden drei neue Ludwig-Boltzmann-Institute im Bereich Health Science präsentiert - v. l. n. r.: Barbara Weitgruber (BMBWF), Marisa Radatz (Geschäftsführerin LBG), Freyja-Maria Smolle-Jüttner (Präsidentin Boltzmann-Gesellschaft), Nicole Meisner-Kober (Leitung LBI für Nanovesikuläre Präzisionsmedizin), Elvira Welzig (Geschäftsführerin LBG); Jörg Menche (Leitung LBI für Netzwerkmedizin); über Monitor zugeschaltet: Florian Krammer (Leitung LBI für Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge).
Am Montag wurden drei neue Ludwig-Boltzmann-Institute im Bereich Health Science präsentiert - v. l. n. r.: Barbara Weitgruber (BMBWF), Marisa Radatz (Geschäftsführerin LBG), Freyja-Maria Smolle-Jüttner (Präsidentin Boltzmann-Gesellschaft), Nicole Meisner-Kober (Leitung LBI für Nanovesikuläre Präzisionsmedizin), Elvira Welzig (Geschäftsführerin LBG); Jörg Menche (Leitung LBI für Netzwerkmedizin); über Monitor zugeschaltet: Florian Krammer (Leitung LBI für Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge).

Die Neuausrichtung der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft (LBG) auf Gesundheitswissenschaften nimmt konkretere Formen an: Am Montag stellte man gemeinsam mit dem Bildungsministerium drei neue Ludwig-Boltzmann-Institute (LBI), die Siegerprojekte einer im Vorjahr erfolgten Ausschreibung zu "Health Services", vor. Damit einher geht auch die bereits am Sonntag bekannt gewordene Teilzeit-Rückkehr des renommierten, in den USA forschenden österreichischen Virologen Florian Krammer.

Krammer, der einer breiteren Öffentlichkeit hierzulande vor allem als wissenschaftlicher Kommunikator in der Coronapandemie bekannt wurde, übernimmt das wohl mit dem griffigsten Titel ausgestattete LBI für "Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge". Es nehmen zudem Boltzmann-Institute für nanovesikuläre Präzisionsmedizin unter Leitung von Biochemikerin Nicole Meisner-Kober sowie für Netzwerkmedizin unter Leitung von Netzwerkwissenschafter Jörg Menche die Arbeit auf. Die Institute, die jeweils in Kooperation mit einer Institution wie etwa einer Universität für maximal zehn Jahre eingerichtet werden, erhalten eine Basisfinanzierung von bis zu 1,5 Mill. Euro pro Jahr, wobei 80 Prozent von der LBG und 20 Prozent vom institutionellen Partner kommen.

"People, not projects", also exzellente Forscherinnen und Forscher, habe man mit der Förderung ansprechen wollen, sagte Barbara Weitgruber vom Bildungsministerium. Das sei gelungen. "Zündende Ideen" wie auch Persönlichkeiten "mit Outreach", also mit Verve für Wissenschaftskommunikation, hätten zudem die Suche angeleitet, so LBG-Präsidentin Freyja-Maria Smolle-Jüttner. Ursprünglich seien sechs Anträge in der ersten Ausschreibungsrunde eingegangen, sagt Smolle-Jüttner auf Nachfrage, es habe aber auch eine "sehr kurze Antragsfrist" gegeben.

Star-Forscher aus New York mit steirischen Wurzeln wird zurückgeholt

Der Start des an der Medizinischen Universität Wien angesiedelten LBI für "Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge" ist für Mitte 2025 geplant - er müsse sich erst "in Österreich einarbeiten", wie der live aus New York zugeschaltete Virologe Krammer meinte. Er tritt bereits mit 1. März eine 20-Prozent-Professur für Infektionsmedizin an der Meduni Wien an, im ersten Jahr werde er wohl schon "viel Zeit in Wien verbringen". Bei seinem LBI geht es vor allem um die Überwachung und Verbreitung von Viren im urbanen Raum "an der Schnittstelle von Mensch und Tier", also von zoonotischen und damit von Tieren auf den Menschen übertragbaren Viren: "Die Idee ist, sich anzuschauen, was im urbanen Raum in Vögeln oder Ratten so an Krankheitserregern unterwegs ist", hatte er bereits vorab der APA gesagt. Die so gesammelten Daten, z. B. neue Krankheitserreger und deren Genomsequenzen, werden analysiert, um darauf aufbauend Gegenmaßnahmen, etwa Impfstoffkandidaten und Therapien, zu entwickeln.

Zudem will man die Bevölkerung aktiv in die Erforschung von Krankheitserregern und die Wissenschaftskommunikation einbeziehen, zusammen mit der ebenfalls in New York tätigen österreichischen Genetikerin Christine Marizzi. Sie hat bereits Erfahrung mit solchen Projekten, sammelt und untersucht sie doch im Rahmen der Initiative "New York City Virus Hunters" gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern Proben in Parks in der US-Metropole. "Solche Modelle würden wir gerne auch in Wien einführen", so Krammer. In Kooperation mit Psychologinnen der Universität Wien will man zudem die eigene Kommunikationstätigkeit rund um die Forschung wissenschaftlich analysieren und weiterentwickeln. Nach den Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie "gibt es hier viel Nachholbedarf" beim Kommunizieren von komplexen Sachverhalten, so Krammer.

Ein neues Institut kommt auch an die Uni Salzburg

Das LBI für "Nanovesikuläre Präzisionsmedizin" , angesiedelt an der Uni Salzburg, sucht nach neuen Wegen, wie biologische Wirkstoffe zielgerichtet und effektiv im Körper über Schutzbarrieren hinweg in genau jene Gewebe transportiert werden können, wo sie zur Bekämpfung von Erkrankungen wie etwa Krebs benötigt werden. Dabei will man sich ein "körpereigenes zelluläres Transportsystem" im Nanomaßstab zunutze machen, wie LBI-Leiterin Meisner-Kober erläuterte. Im Zentrum stehen bläschenartige Nanovesikel, also kleinste Strukturen im Körper, die über ihren "molekularen Adresscode" Botenstoffe sehr zielgerichtet zustellen. Biologische Wirkstoffe könnten also "wie ein trojanisches Pferd" in dieses körpereigene Transportsystem eingeschleust und dadurch, am Immunsystem und anderen Barrieren vorbei, präzise und gut verträglich an ihren Wirkungsort transportiert werden, ist der Ansatz der Forschenden. Diese nanovesikulären Therapien sollen im Zusammenspiel von biomedizinischer Forschung und internationalen Partnern aus Klinik und Industrie bis in die Anwendung gebracht werden.

Neues Institut zum Thema Netzwerkmedizin kommt nach Wien

Ein "Brückenschlag" ist auch Leitbild für das an der Uni Wien angesiedelte LBI für "Netzwerkmedizin", wie Leiter Menche sagte: "Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Einzelteile." Es gehe hier nicht um die Betrachtung einzelner Proteine bis hin zu individuellen Organen, sondern vielmehr darum, ein besseres Verständnis der "molekularen Netzwerke im menschlichen Körper" zu entwickeln. Wie sehen die Verbindungen, Wechselwirkungen und Kommunikation zwischen den einzelnen Komponenten aus und wie kann man Erkrankungen vorhersehen, die auf Störungen des komplexen Netzwerks beruhen? Dafür werden die Forschenden biomedizinische Daten auswerten, auch mithilfe künstlicher Intelligenz sowie Virtual-Reality-Technologien. Letztlich geht es auch hier um neue personalisierte Diagnose- und Therapieansätze, zum Beispiel mit Blick auf seltene Immunerkrankungen oder auch die Rheumatologie.

Der LBG-Vorstand hatte im Jahr 2022 eine strategische Neuausrichtung auf den Bereich Gesundheitswissenschaften beschlossen. In diesem Zusammenhang erfolgte die Ausschreibung neuer LBI. Drei erste Projekte in der LBG- Förderschiene "Klinische Forschungsgruppen" (KFG) - mit Ausrichtung auf Kardiologie, Gastroenterologie und Onkologie - waren bereits im September 2023 präsentiert worden.

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