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Fahrradkuriere in Salzburg strampeln sich im Job oft ab

Unter welchen Bedingungen arbeiten Fahrradkuriere in Salzburg? Eine von der AK in Auftrag gegebene Studie liefert erstmals Antworten.

Sie gehören auch in Salzburg längst zum Stadtbild: Fahrradlieferdienste.
Sie gehören auch in Salzburg längst zum Stadtbild: Fahrradlieferdienste.

"Es ist nicht so, dass das Bild verheerend wäre. Von den Ridern wurden auch viele positive Aspekte genannt. Nicht alle leiden unter den Arbeitsbedingungen", sagt Soziologe Wolfgang Aschauer von der Universität Salzburg. Mit drei Kolleginnen hat er im Auftrag der Arbeiterkammer Salzburg eine Branchenanalyse zu den Arbeitsbedingungen bei Fahrradkurierdiensten in Salzburg erstellt.

Bis zu 350 Rider sind in Salzburg unterwegs

Auf Salzburgs Straßen sind 200 bis 250 Mjam/Foodora- sowie 80 bis 100 Lieferando-Fahrerinnen und -Fahrer unterwegs. Darunter sind viele Studierende und Personen mit Migrationshintergrund, die Fluktuation ist hoch. Die Fahrer selbst sprechen von sich als "Ridern". Während sie bei Lieferando durchwegs angestellt sind und einen Stundenlohn von elf Euro brutto erhalten, ist die Situation bei Mjam zweigeteilt: Dort sind nur höchstens zehn Prozent der Rider mit einem Stundenlohn von 11,50 Euro angestellt. Der überwiegende Teil arbeitet als freier Dienstnehmer oder als freie Dienstnehmerin. Sie erhalten pro zugestellter Lieferung im Schnitt 4,40 Euro. Ist einmal eine Stunde lang nichts los, gibt es dafür 8,65 Euro brutto.

Je besser man ist, desto bessere Schichten bekommt man

Warum würde jemand als freier Dienstnehmer arbeiten, wenn er angestellt sein könnte? Zum einen sei es sehr schwierig, ein Angestelltenverhältnis zu bekommen, das über die Probezeit hinausgehe, schildert Betriebsrätin Adele Siegl. Zum anderen werbe das Unternehmen damit, dass man als freier Dienstnehmer auf 18 Euro pro Stunde kommen könne. Dem liege die Annahme zugrunde, dass man in einer Stunde vier Lieferungen zustellen könnte. "Von den österreichweit rund 2500 Mjam-Ridern schaffen das aber nur sehr wenige, oft unter grober Missachtung der Straßenverkehrsordnung", sagt Adele Siegl. Wolfgang Aschauer ergänzt: Zum Lieferstress und dem Wunsch, es zu schaffen, komme bei Mjam ein Rankingsystem. Je besser man sei, umso bessere Schichten bekäme man. Sei man länger abwesend, falle man zurück und müsse sich wieder hocharbeiten. Es könne also sein, dass viele auch dann weiterarbeiten würden, wenn sie gesundheitlich angeschlagen seien. Die Bereitstellung mehrsprachiger arbeitsrechtlicher Informationen ist daher eine Forderung der AK an die Branche. Unabhängig davon plädiert man für eine Pauschale für die Nutzung des eigenen Smartphones, über welches Schichten verteilt, kommuniziert und getrackt werden.

Angestelltenverhältnisse: "Intransparenz auf allen Ebenen"

Insbesondere das engmaschige GPS-Tracking sei ohne entsprechende Betriebsvereinbarung eine Grauzone, sagt Wolfgang Aschauer. Aber auch mögliche Schwarzarbeit sei ein Thema, insbesondere bei freien Dienstnehmern bzw. Subunternehmer-Konstruktionen. AK-Präsident Peter Eder fordert daher eine genauere Kontrolle der Angestelltenverhältnisse ein. Zudem ortet Aschauer "Intransparenz auf allen Ebenen" vom Kilometergeld bis zu Trinkgeldzahlungen. Weil insbesondere Regen und Schnee ein hohes Unfallrisiko mit sich bringen, schlägt die AK zudem eine Schlechtwetterpauschale vor. Peter Eder erklärt: "In der Plattformwirtschaft verschwinden die Grauzonen zwischen abhängiger und selbstständiger Beschäftigung. Dadurch fallen vermehrt Personen aus dem Geltungsbereich des Arbeitsrechts." Dank der Studie wisse man nun, wo man ansetzen müsse.

Fahrerinnen und Fahrer zwischen Pragmatismus und Sportbegeisterung

Geht es den Fahrerinnen und Fahrern besser, wenn sie angestellt sind? "Tendenziell ja", sagt Wolfgang Aschauer. Es komme aber darauf an, was man selber möchte. Aschauer und sein Team haben nach zwei Gruppendiskussionen und 26 Tiefeninterviews mit Lieferando-, Mjam- und Ninja-Ridern unterschiedliche Typen identifiziert: "Die Begeisterten können für sich einen hohen Profit aus der Tätigkeit zu ziehen. Die Sportlichen bringen eine hohe Motivation mit, fokussieren aber auf gesundheitsfördernde Aspekte des Radfahrens. Dazwischen stehen die Pragmatischen und die Unbekümmerten, die der Tätigkeit weniger Relevanz zuweisen. Im Unterschied zu den Desillusionierten, die resignieren, treten die Kritischen für bessere Arbeitsbedingungen ein." So wie Adele Siegl und Lieferando-Betriebsratsvorsitzender Toni Pravdic. Er fordert einheitliche Spielregeln - mit echten Angestelltenverhältnissen - für alle plattformbetriebenen Lieferdienste.

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KOMMENTARE (1)

Walter Redni

fahrradfahrer strampeln. ja. das liegt am Fahrradfahren. soll übrigens gesund sein.
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