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Personalberater sehen viel Nachholbedarf für Arbeitgeber

Der Arbeitsmarkt hat sich von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. "Die Wirtschaft hat da sehr viel Nachholbedarf", sagte der Geschäftsführer der Leiharbeitsfirma TTI, Markus Archan, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Es gebe immer weniger Bewerbungen auf offene Stellen, inzwischen sei es notwendig, dass sich Unternehmen gut präsentieren, Arbeitssuchende hätten unterdessen die Wahl beim Arbeitgeber.

Betriebe müssen sich gut präsentieren, Arbeitsuchende haben die Wahl
Betriebe müssen sich gut präsentieren, Arbeitsuchende haben die Wahl

Gleichzeitig hätten Betriebe oft zu hohe Ansprüche und würden zu wenig auf die Wünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingehen. Wichtig sei dabei in erster Linie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf: "Da geht es um Flexibilität, ohne Homeoffice geht gar nichts mehr, das Minimum ist eine Gleitzeitvereinbarung", sagte der Wirtschaftskammer-Berufsgruppensprecher der Gewerblichen Dienstleister und Geschäftsführer der Personalvermittlung Squadar, Erich Pichorner.

Früher hätten Unternehmen sich aus vielen Bewerbungen eine Kandidatin ausgesucht, heute sei das umgekehrt. "Auf einen offenen Bedarf gibt es heute vielleicht noch einen Bewerber und der sagt: Na, wo sehen Sie sich in drei Jahren als Unternehmen? ", sagte Archan. Homeoffice sei im Arbeiter-Bereich ("blue collar") kein großes Thema. Viel mehr gehe es hier um die Vier-Tage-Woche, Betriebskindergärten und gute Bezahlung. Die Frage sei "was kann das Unternehmen neben der Bezahlung noch für den Mitarbeiter tun", so Archan.

Er sieht eine Entwicklung weg von der Leistungsgesellschaft, hin zur Versorgungsgesellschaft, "wo Menschen auch einfach einmal abwarten und nicht bereit sind, jeden Job anzunehmen". Die Menschen hätten sich während Corona sehr auf ihr Eigenheim konzentriert und würden jetzt auch mehr Wert auf ihr Wohlbefinden legen. Da gehöre auch der Job dazu. Viele Betriebe hätten eine veraltete Vorstellung und müssten ihre Ansprüche jetzt senken. "Wir merken schon, dass die Wirtschaft da sehr viel Nachholbedarf hat", sagte Archan.

Über das "klassische Inserate-Suchen" lasse sich eine Stelle derzeit kaum noch besetzen. Firmen müssten sich deshalb zusehens damit auseinandersetzen, Kandidatinnen und Kandidaten aktiv anzusprechen, etwa via Social Media. "Das verkehrt natürlich die Verhältnisse", so Pichorner. Qualifizierte Arbeitskräfte bekämen so oft mehrmals pro Woche neue Jobangebote, "und verstehen natürlich nicht, wenn Arbeitgeber dann mit ihnen ein Bewerbungsgespräch führen wollen". Vielmehr müssten sich Arbeitgeber gut präsentieren und ihr Angebot auch an die Wünsche der Kandidatinnen und Kandidaten anpassen.

Die angespannte Situation am Arbeitsmarkt sei auch vom demografischen Wandel geprägt. Seit einigen Jahren würden mehr Menschen in Pension gehen als in den Arbeitsmarkt nachkommen. Davor werde bereits seit 30 Jahren gewarnt, dennoch gebe es noch immer Firmen, die sich nicht an die neue Situation anpassen würden. "Entweder du kommst in die Gänge, oder du bleibst übrig. Und manche lernen das jetzt sehr schmerzhaft", sagte Pichorner.

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