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WorldSkills Germany Magazin - Ausgabe 21 - Dezember 2021

Die Ausgabe 21 des WorldSkills Germany Magazins für Talentmanagement, berufliche Wettbewerbe & außerschulisches Lernen befasst sich diesmal mit dem Thema „Auf zu neuen Wegen“ in der Berufsbildung. Lesen Sie u. a.: Trends: Generation Neugierig + Digital fit - Traditionelle Berufsbilder und Digitalisierung vertragen sich immer besser – ein Muss, um in der beruflichen Bildung zukunftsfähig zu bleiben Digitalisierung: Berufsbilder im digitalen Schmelzofen - Was tun mit der Ausbildung, wenn sich unsere beruflichen Tätigkeiten zunehmend überlappen und vermischen? Meinung: „Wir müssen Bildung neu denken“ - Disruption vom Feinsten - von Ralph Linde, Leiter der Volkswagen Group Academy Berufliche Bildung: Das Ausbildungspersonal ist nur so gut wie die Rahmenbedingungen - Warum die Bedeutung pädagogischer Kenntnisse steigt Weltweit: Europa – Bollwerk beruflicher Bildung - Wie Exzellenzzentren zur Transformation der Berufsbildung beitragen Zukunft der Berufe: Lebenszyklus der Lehre - Wie bleiben Ausbildungsberufe up to date und wann entstehen neue Berufsbilder? Weitere Themen sind u. a.: Internationale Wettbewerbe: Top-Fachkräfte – Spitzenleistungen - Deutsche Berufe-Nationalmannschaft erfolgreich bei EM der Berufe Leistungszentren: Bau setzt in der Ausbildung auf Digitalisierung - E-Learning und digitales Bauwerksmodell Hall-of-Fame: „Ich mag es eher 110-prozentig“ - Exzellenzmedaillen-Gewinner setzt auch im eigenen Betrieb auf Qualität Nachgefragt: Acht Fragen an Staatsminister Martin Dulig

Die Ausgabe 21 des WorldSkills Germany Magazins für Talentmanagement, berufliche Wettbewerbe & außerschulisches Lernen befasst sich diesmal mit dem Thema „Auf zu neuen Wegen“ in der Berufsbildung.

Lesen Sie u. a.:
Trends: Generation Neugierig + Digital fit - Traditionelle Berufsbilder und Digitalisierung
vertragen sich immer besser – ein Muss, um in der beruflichen Bildung zukunftsfähig zu bleiben
Digitalisierung: Berufsbilder im digitalen Schmelzofen - Was tun mit der Ausbildung, wenn sich unsere beruflichen Tätigkeiten zunehmend überlappen und vermischen?
Meinung: „Wir müssen Bildung neu denken“ - Disruption vom Feinsten - von Ralph Linde, Leiter der Volkswagen Group Academy
Berufliche Bildung: Das Ausbildungspersonal ist nur so gut wie die Rahmenbedingungen - Warum die Bedeutung pädagogischer Kenntnisse steigt
Weltweit: Europa – Bollwerk beruflicher Bildung - Wie Exzellenzzentren zur Transformation
der Berufsbildung beitragen
Zukunft der Berufe: Lebenszyklus der Lehre - Wie bleiben Ausbildungsberufe up to date und wann entstehen neue Berufsbilder?

Weitere Themen sind u. a.:
Internationale Wettbewerbe: Top-Fachkräfte – Spitzenleistungen - Deutsche Berufe-Nationalmannschaft erfolgreich bei EM der Berufe
Leistungszentren: Bau setzt in der Ausbildung auf Digitalisierung - E-Learning und digitales Bauwerksmodell
Hall-of-Fame: „Ich mag es eher 110-prozentig“ - Exzellenzmedaillen-Gewinner setzt auch
im eigenen Betrieb auf Qualität
Nachgefragt: Acht Fragen an Staatsminister Martin Dulig

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WORLDSKILLS

GERMANY

Magazin

Für Talentmanagement,

berufliche Wettbewerbe und

außerschulisches Lernen

No.21 / Dezember 2021

Schutzgebühr 6,50 €, ISSN 2566-7688

Auf zu

neuen Wegen

Trends

Generation Neugierig + Digital fit

Meinung

„Wir müssen Bildung neu denken“

Weltweit

Europa – Bollwerk berufliche Bildung


Stärken Sie mit

uns Ihre Kompetenzen!

Weil Weiterbildung

unverzichtbar ist!

Die WorldSkills Germany Akademie bietet Ihnen

Workshops zu spannenden bildungsrelevanten

Themen. Profitieren Sie von einem Netzwerk mit

höchster Expertise.

# Zukunft

# digital

# vondenBestenlernen

# Weiterbildung

Unser Fokus:

• Zukunft schaffen – nachhaltig erfolgreiche Best

Practice Modelle und Trends

• Talente erkennen & fördern – kreative und angstfreie

Atmosphäre des Lernens

• Employer Branding – die besten Fachkräfte

finden, halten und entwickeln

• Gemeinsam digital – digitale Ansätze und Tools

effektiv nutzen

Investieren Sie in Ihre Zukunft unter:

worldskillsgermany.com/de/akademie

Ansprechpartner Johannes Greiner

akademie@worldskillsgermany.com


Titelthema

Zukunft der

beruflichen Bildung

Wer immer nur auf sich selbst schaut, sieht

nicht, wenn die anderen rechts und links

vorbeiziehen – und verliert schnell den

Anschluss. Das gilt auch in der beruflichen

Bildung.

Haben wir bereits den Anschluss verpasst

oder können wir in Sachen beruflicher

Bildung global mithalten? Und: Sind eigene

Lösungen in einer vernetzten Welt noch

das Mittel der Wahl?

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

1


inhalt

Trends8

Generation Neugierig + Digital fit

Titelthema1

Zukunft der beruflichen Bildung

Meinung16

„Wir müssen Bildung neu denken“

Weltweit22

Europa – Bollwerk beruflicher Bildung

2


standpunkt7

Digitalisierung13

Berufsbilder im digitalen Schmelzofen

junge stimmen 18

Wenn du etwas ändern könntest …?

berufliche Bildung 20

„Das Ausbildungspersonal ist nur so

gut wie die Rahmenbedingungen“

Internationale Wettbewerbe 26

Top-Fachkräfte – Spitzenleistungen

Leistungszentren34

Bau setzt in der Ausbildung auf

Digitalisierung

best practice 37

Mehr (Eigen-)Initiative ist gefragt

Hall-of-fame40

„Ich mag es eher 110-prozentig“

Engagement44

Wie kann Deutschland künftig noch

besser abschneiden?

netzwerk47

Neue Mitglieder

empfehlung49

Superjobs XL

nachgefragt50

Acht Fragen an Staatsminister Dulig

News53

Termine54

Mitglieder und Partner 56

Impressum51

Zukunft der Berufe 32

Lebenszyklus der Lehre

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

3


Titelthema

Das EU-Bildungsprogramm

fördert den europaweiten

Austausch von Auszubildenden:

Mit ErasmusPro

sind bis zu einjährige

Praktika möglich.

4


Künstliche Intelligenz im

Mittelstand – das könnte die

Zukunft sein, sagt die Studie

„KI im Mittelstand. Potenziale

erkennen, Voraussetzungen

schaffen, Transformation

meistern“ der vom BMBF

initiierten Plattform Lernende

Systeme.

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

5


Zukunftsangst: Mehr als 70

Prozent der 14- bis 20-Jährigen

sehen aufgrund von Corona

schlechtere Chancen auf einen

Ausbildungsplatz. Das zeigt eine

Studie der Bertelsmann-Stiftung

vom April 2021.

6


Standpunkt

Berufliche Bildung als

globale Aufgabe

Liebe Leserin,

lieber Leser,

stellen Sie sich vor, es gibt erdrutschartige

Veränderungen in der globalen Welt der

beruflichen Bildung und keiner von uns

merkt es. Kann das wirklich aus deutscher

Sicht geschehen? Wie sicher können wir uns

hierbei sein? „Ich glaube, dass Bildung einer

der von Disruption am meisten betroffenen

Bereiche der Gesellschaft ist. Und das gilt

sowohl für die öffentliche Bildung als auch

für die Bildung im Unternehmen“, verdeutlicht

Ralf Linde, Leiter der Volkswagen Group

Academy, unsere jetzige Situation.

Berufliche Bildung ist keine nationale Frage

– schon lange nicht mehr. Spätestens seit wir

mit unseren Unternehmen auch im Ausland

Niederlassungen haben und auf gut qualifiziertes

Personal zurückgreifen müssen. Und

das schon seit vielen Jahren. Eigentlich.

Internationalität in der beruflichen Bildung

bietet große Vorteile: gemeinsame Standards,

Innovationen, neue Lösungen. Sie öffnet

Horizonte, bietet die

Möglichkeit, die eigene

Ausbildung, das Ausbildungssystem

und

Traditionen zu reflektieren

und kritisch zu

durchleuchten. Deshalb

sollten wir den Gedanken

ernsthaft verfolgen, neue

Ausbildungsberufe auf

internationaler Ebene zu

entwickeln. Vor allem, weil wir eben mit

dieser Welt über unsere Grenzen hinweg

verflochten sind. Beispielsweise in der

Luft- und Raumfahrt. Aber nicht nur dort.

Deshalb muss die berufliche Bildung der

Zukunft vom Grundsatz her europäischinternational

sein. Mit nationalen Ausprägungen.

Die Idee ist, internationale gemeinsame

Standards zu setzen.

WorldSkills Europe und WorldSkills

International leben das schon lange vor. Die

besten Ausbilder/innen und Expertinnen

und Experten weltweit arbeiten an gemeinsamen

globalen Standards, erproben diese

und verfeinern sie kontinuierlich in kurzen

zeitlichen Abständen. Was kann uns Besseres

passieren, als diese Standards mitgestalten

zu können und sie als „Spickzettel“ für unsere

Neuordnungen zu nutzen?

Dabei müssen es nicht immer futuristisch

klingende neue Berufsbezeichnungen

sein mit künstlich erstelltem Inhalt. Denn

traditionelle Berufsbilder und Digitalisierung

vertragen sich immer besser.

Also: trauen wir uns. Überwinden wir die

uns selbst gesetzten Grenzen und freuen uns

auf die Zukunft.

Herzlichst

Ihr Hubert Romer

Ich freue mich über Ihre Meinung:

romer@worldskillsgermany.com

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

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Trends

Generation Neugierig + Digital fit

Traditionelle Berufsbilder und Digitalisierung

vertragen sich immer besser –

ein Muss, um in der beruflichen Bildung

zukunftsfähig zu bleiben


Die digitale Transformation in den Ausbildungs -

berufen ist eines der Zukunftsthemen. Was

sind weitere – und vor allem: Wie werden die

Mitarbeiter/innen dafür in der Aus- und

Weiterbildung fit gemacht? Worauf legt die

jeweilige Branche Wert, jetzt und künftig?

Die Redaktion fragte bei Mitgliedsverbänden

von WorldSkills Germany nach.

Die Pandemie hat uns allen die hohe Relevanz des

Themas Digitalisierung überdeutlich vor Augen geführt.

Digitales Büro, Dienstleistungsangebote und Firmenmeetings

per Web oder auch Nachwuchsansprache und

-gewinnung über die virtuellen Kanäle sind vielerorts

Alltag. Hier nachhaltiger und effizienter zu werden, das

steht bei allen befragten Verbänden ganz oben auf der

Agenda der Zukunftsfelder. Genau wie die Anpassung

von Ausbildungsinhalten und das Vermitteln praktischer

Kompetenzen, die die Attraktivität der Berufe erhöhen

und das „Personal der Zukunft“ fit machen für die

Anforderungen der Branche.

Bauen wird digitaler – doch das „Handwerkszeug“

muss auch sitzen

Beispiel Bauwirtschaft: „Fast alle Bauunternehmen

nutzen intensiv Software für Kalkulation, Ausführungsplanung

und Abrechnung, im Büro – aber auch auf der

Baustelle über Tablets oder Smartphones. Apps erleichtern

das Bestellen von Material oder geben Tipps für die

Montage. Fotodokumentation verbessert die Kommunikation

mit dem Kunden und gibt Rechtssicherheit. Mobile

Zeiterfassung auf der Baustelle erspart eine Menge Zeit

für Lohnbuchhaltung und Controlling“, so Dr. Cornelia

Vater, Abteilungsleiterin Berufsbildung im Zentralverband

Deutsches Baugewerbe. Der 3D-Betondruck

beispielsweise habe das Potenzial, die Baubranche zu

revolutionieren. Betonstrukturen können ohne Schalung

schnell und kostengünstig hergestellt werden – bei

großer Designfreiheit. Damit eignet sich das Verfahren

perfekt für den Einsatz im Wohnungsbau.

Klar ist: Bauen wird digitaler – und dadurch transparenter,

effizienter sowie letztlich auch sicherer. Ergo

muss und wird digitales Know-how in der Aus- und

Weiterbildung stärker gefördert werden. „Zugleich aber

ist eine breite Grundausbildung zum Verständnis der

analogen Abläufe und Prozesse sowie des Ineinandergreifens

der Gewerke auf einer Baustelle unverzichtbar.

Wer das Bauen nicht beherrscht, kann es auch nicht

digitalisieren“, so Dr. Vater. Ein Spagat, der aktuell im

Zuge der Neuordnung der Berufsausbildung in der

Bauwirtschaft zu bewältigen ist.

Fachkräfte müssen sich auf Wandel in der Kfz-Branche

einstellen

Auf ein anderes Beispiel verweist Joachim Syha von

der Berufsbildung des Zentralverbands Deutsches

Kfz-Gewerbe: „In der Zukunft werden wir uns von Neu-

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

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fahrzeugen mit Verbrennungsmotor verabschieden. Das

bedeutet mittelfristig eine Neuausrichtung der Ausbildungsinhalte

in der Kfz-Mechatronik. Es gilt zu differenzieren:

Service für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor

und für jene mit Elektroantrieb, also je nach Antriebsart,

die die Kundschaft bevorzugt. Vorausschauend müssen

wir auch Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb inklusive

Brennstoffzelle mit ins Blickfeld nehmen.“

Man habe die Inhalte der Kfz-Meister/innen-Prüfung

bereits neu geordnet, die der Kfz-Servicetechniker/-

innen-Prüfung seien derzeit in Bearbeitung. Das Pro blem:

„Unsere Mitgliedsbetriebe werden von der Automobilindustrie

mit einer neuen Fahrzeuggeneration, die immer

mehr und mehr verknüpfte Fahrzeugsysteme aufweist,

beliefert. Die Kfz-Werkstatt muss sich vermutlich daran

gewöhnen, dass der Fahrzeughersteller über das Internet

als Erster erfährt, welche Fehler am Fahrzeug

aufgetreten sind, und einen Reparaturauftrag erteilt.

In der Folge bedeutet dies“, so Syha, „dass der Fahrzeughersteller

die Fachkräfte von morgen selbst fit machen

wird. Ein Fahrzeughersteller lässt sicher nur noch

Fachkräfte an das verkaufte Fahrzeug, die hierfür

autorisiert sind.“ Bereits 2003 habe man die traditionellen

Ausbildungsberufe Kfz-Mechaniker/in und

Kfz-Elek triker/in zum Ausbildungsberuf Kfz-Mechatroniker/in

gebündelt. Die Fachkräfte-Generationen

sind durch regelmäßige Fortbildungskonzepte auf das

Thema eingestellt.

Digitalisieren der Nachhaltigkeit zuliebe

Nachhaltigkeit sowie Klima- und Umweltschutz

nennen befragte Verbände als wichtige Zukunftsfelder

– und haben diese auch für ihre berufliche Ausbildung

im Fokus. „Die Branche der Textilreiniger/innen,

Wäschereien und der Mietwäsche ist per se nachhaltig.

Jedes einzelne Unternehmen arbeitet nach dem Re- Use-

Prinzip, d. h. Textilien werden immer wieder aufbereitet

und benutzt“, so Andreas Pützer vom Deutschen Textilreinigungsverband

e. V. Zudem modernisieren zahlreiche

Unternehmen die technische Infrastruktur in den

eigenen Betrieben im Hinblick auf Ressourceneinsparung

und CO 2

-Minderung. Sie arbeiten nach dem

Kreislaufprinzip und verbrauchen dadurch extrem

wenig Wasser.

„Digitalisierung und der Einsatz von Robotertechnik

in Wäschereibetrieben veränderten in den letzten

Jahren die Anforderungen an den Beruf ‚Textilreinigung‘

spürbar. Über Barcodes und/oder Chips, die den Textilien

anheften, werden an die steuernde Software

Informationen über Qualität und Zustand der Textilien

weitergegeben, ebenso Pflegehinweise und, welche

Wäscheteile zu welchem Kunden gehören. Damit können

Wasserzufuhr, Waschmittelbedarf und Waschtemperatur

reguliert werden“, nennt Pützer Beispiele.

Das habe natürlich auch Konsequenzen für die Ausund

Weiterbildung – durch digitale Technologien sind

neue Kenntnisse erforderlich. Besonders erwähnt der

Verband die mehrsprachige E-Learning Plattform

(www.e-washboard.eu), auf der Lernmaterialien in Form

von Modulen und Erklärvideos zu finden sind. Auch

gibt es eine App, an der viele Unternehmen mitarbeiten,

Videosequenzen stammen aus dem Berufsalltag.

„Bauen wird digitaler – und dadurch

transparenter, effizienter sowie

letztlich auch sicherer. Aber wer das

Bauen nicht beherrscht, kann es auch

nicht digitalisieren.“ – Dr. Cornelia Vater,

Zentralverband Deutsches Baugewerbe

Landschaftsgärtner-Nachwuchs mit digitalen Medien

unterstützen

Digitales Handwerkszeug gehört auch zur Ausbildungs-

und Arbeitswelt der Landschaftsgärtner/innen:

„Innovative Dienstleistungen rund um die wichtigen

grünen Themen wie Stadtgrün, Klimaschutz und Artenvielfalt

können nur mit qualifizierten Mitarbeiterinnen

und Mitarbeitern entwickelt und realisiert werden. Daher

ist die Nachwuchsgewinnung eine wesentliche Basis für

die boomende Branche der Expertinnen und Experten für

Garten und Landschaft – und die ist wie alle wirtschaftlichen

Bereiche mehr denn je geprägt durch die Digitalisierung“,

sagt Thomas Wiemer, Referent für Nachwuchswerbung

und Weiterbildung vom Ausbildungsförderwerk

Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V.

10


„Die Kfz-Werkstatt muss sich vermutlich

daran gewöhnen, dass der

Fahrzeughersteller über das Internet

als Erster erfährt, welche Fehler am

Fahrzeug aufgetreten sind, und einen

Reparatur auftrag erteilt.“ – Joachim Syha,

Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe

Man richte das Augenmerk aber ebenso auf die Mitarbeiter/innenbindung.

„Gezielte digitale Angebote wie die

Seiten ‚azubi.help‘ und ‚ausbilder.help‘ sowie die Netzwerkplattform

Galabau Camp zeigen Wege und Perspektiven

innerhalb der Branche auf, ebenso wie z. B. GaLa-Q,

das berufsständisch entwickelte Fortbildungsangebot.“

Alle an der Förderung der (angehenden) Fachkräfte

Beteiligten unterstützen bereits von Beginn an, z. B. mit

digitalen Lernmedien wie dem Pflanzenbuch als App und

Web-Anwendung, dem Online-Berichtsheft, den Checklisten

und Filmen zur Prüfungsvorbereitung.

Tischler- und Schreinerhandwerk auf der Höhe der Zeit

Kundenaufträge werden digitalisiert, damit anhand

von digitalen Stücklisten auch später, z. B. für einen

Reparaturauftrag, nachvollzogen werden kann, welche

Materialien verbaut wurden. Über ein Terminal am

Plattenlager findet sich so schnell das richtige Rohmaterial,

um an einer Palettenaufteilsäge in gewünschten

Maßen zugeschnitten zu werden, und CNC-Maschinen

ermöglichen anschließend Fräsungen und Bohrungen in

kürzester Zeit. Drei Beispiele aus dem heutigen Alltag

des Tischler- und Schreinerhandwerks.

„In vielen unserer Unternehmen gehören elektronische

Systeme zum handwerklichen Alltag“, so Fridtjof

Ludwig vom Bundesinnungsverband Tischler Schreiner

Deutschland. „Dank höchster Fertigungsqualität und

dem überwiegenden Einsatz nachwachsender Rohstoffe

ist das Tischler- und Schreinerhandwerk eine Top-

Zukunftsbranche, die dem Markt jedes Jahr mehr als

7.000 neue Fachkräfte zur Verfügung stellt.“ Von Vorteil

für die exzellente Berufsqualifikation sei, dass es sich

bei den deutschlandweit 9.000 Ausbildungsstätten fast

ausschließlich um Handwerksbetriebe handle, die

meist bereits seit Generationen Fachkräfte qualifiziere

und darin sehr erfahren sei. Ausbildungsinhalte und

-methodik würden außerdem regelmäßig von Fachexpertinnen

Expertinnen und Experten der Innungsorganisation

überprüft.

Druckbranche im Weiterbildungsmodus

Holger Busch, Hauptgeschäftsführer Verband Druck

und Medien Bayern, betont ebenso, „dass heute mehr

getan werden muss als noch vor einigen Jahren, um

ausreichend gutes Personal zu finden. Für die Unternehmen

heißt das, sich für die junge Generation als attraktiver

Arbeitgeber zu präsentieren und die Vorteile einer

dualen Ausbildung herauszustellen. Dazu gehören neben

den finanziellen Fragen auch Themen wie Unternehmenskultur,

flexible Arbeitszeitmodelle, Weiterbildung

und Aufstiegsperspektiven.“

Der Verband, der für Berufsbilder wie Medientechnologe/-in

Druck, Medientechnologe/-in Druckverarbeitung,

Medientechnologe/-in Siebdruck, Mediengestalter/-in

Digital und Print, Buchbinder/in (Handwerk)

und Packmitteltechnologe/-in zuständig ist, fördert

Talente und hilft Unternehmen, den Nachwuchs mit

hohem Fach- und Praxiswissen an zukünftige Aufgaben

und Verantwortungsbereiche heranzuführen. „Viele

Betriebe setzen seit Jahren auf die Erfahrungen unserer

Überbetrieblichen Ausbildung (üba) und werden stets

mit guten Ergebnissen in der Prüfung sowie der betrieblichen

Arbeit belohnt. Damit bietet der Verband“, so

Busch weiter, „neben der Berufsschule und dem Betrieb

eine dritte Säule für eine erfolgreiche Ausbildung. In

speziellen Kursen für die Auszubildenden der Druckund

Medienindustrie wird vorhandenes Know-how

gestärkt und dort, wo Hemmnisse bestehen, gezielte

Unterstützung geboten.“ Im Dialog mit Praxisexpertinnen

und -experten schreibt der Verband die Berufsbilder

der Branche fort, denn: „Die Druckbranche befindet

sich in einem permanenten Wandel – und für die

Mediengestalter/innen oder Medientechnologen/-innen

heißt dies auch künftig, Freude am Umgang mit Hardund

Software sowie eine hohe Digitalkompetenz mitzubringen.“

Denn auch hier gilt: Exzellent qualifiziertes

Personal ist der Wachstumstreiber und die Basis des

Unternehmenserfolgs.

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie unter:

https://www.worldskillsgermany.com/de/blog/

­2021/11/29/generation-neugierig-digital-fit/

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

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Ausbildung bei Viega

DIE ZUKUNFT

BRAUCHT MENSCHEN,

DIE SIE GESTALTEN.

DICH ZUM BEISPIEL.

Viega gestaltet mit innovativen Produkten die Zukunft, auch

die unserer Auszubildenden. Seit mehr als 80 Jahren bilden

wir junge Talente in unterschiedlichen Berufen aus.

Kein Wunder also, dass Auszubildende bei Viega beste Voraussetzungen

für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben finden.

Bei uns wirst Du nicht nur handwerklich geschult, sondern Du

bekommst noch viele weitere Angebote – zum Beispiel Akademiewochen

oder Werksunterricht. So lernst Du bei uns noch

sehr viel mehr, als nur den richtigen Umgang mit Werkzeugen.

Doch das ist noch längst nicht alles. Viele weitere Informationen

zu der Ausbildung bei Viega haben wir für Dich auf unserem

Azubiblog zusammengestellt.

Gehörst auch Du bald dazu? Dann freuen wir uns über Deine

Bewerbung, die Du uns bevorzugt online über unser Karriereportal

unter azubiblog.viega.de zukommen lässt.

Unsere Ausbildungsberufe im Überblick:

GEWERBLICH-TECHNISCHE BERUFE

■ Elektroniker (m/w/d) für Betriebstechnik

■ Industriemechaniker (m/w/d)

■ Maschinen- und Anlagenführer (m/w/d)

■ Mechatroniker (m/w/d)

■ Oberflächenbeschichter (m/w/d)

■ Technischer Produktdesigner (m/w/d)

■ Verfahrensmechaniker (m/w/d) Kunststoffund

Kautschuktechnik

■ Verfahrenstechnologe (m/w/d) Metall

■ Werkzeugmechaniker (m/w/d)

■ Zerspanungsmechaniker (m/w/d)

KAUFMÄNNISCHE BERUFE

■ Fachinformatiker (m/w/d) für Anwendungsentwicklung

■ Fachinformatiker (m/w/d) für Systemintegration

■ Fachkraft (m/w/d) für Lagerlogistik

■ Fachlagerist (m/w/d)

■ Industriekaufmann (m/w/d)

■ Kaufmann (m/w/d) für Digitalisierungsmanagement


Digitalisierung

Berufsbilder im digitalen

Schmelzofen

Was tun mit der Ausbildung, wenn sich unsere beruflichen

Tätigkeiten zunehmend überlappen und vermischen?

Unter dem Deckmantel der Digitalisierung

müssen sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

immer stärker austauschen und eine gemeinsame

Wissensbasis aufbauen. Doch was

unterscheidet sie am Ende noch, wenn der

gemeinsame Nenner vor allem aus Nullen und

Einsen besteht?

und digitale Steuerungstechnik an allen Ecken, die von

Elektronikerinnen und Elektronikern, Mechanikerinnen

und Mechanikern und Mechatronikerinnen und

Mechatronikern installiert, betrieben und gewartet

werden. Dabei gehen die Inhalte der einzelnen Berufe

zusehends ineinander über und die Grenze zwischen

den einzelnen Berufsbildern verschwindet mehr und

mehr in der digitalen Unschärfe.

Wie die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert, lässt

sich gut an der Automobilbranche zeigen: Autos werden

schon lange nicht mehr bloß gebaut, sie werden vernetzt

und programmiert. In ihnen steckt inzwischen mehr

Elektronik als in manchem Computer. Bis 2025 soll der

Anteil von elektronischen Bauteilen laut einer Studie der

Unternehmensberatung Roland Berger sogar noch

steigen und 35 Prozent der Materialkosten ausmachen.

Ähnlich sieht es inzwischen auch in den Produktionsstätten

dieser Computer auf Rädern aus. Kollaborative

Roboter, vollautomatisierte Produktionsstraßen

Beruf und Ausbildung im Zeitalter von Industrie 4.0

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales

kommt in seinem Forschungsbericht „Digitalisierte

Arbeitswelt“ zu dem Schluss, dass Berufe keine Monolithen

mehr sind, die verbindungslos nebeneinanderstehen.

„Sie sind durch wesentliche inhaltliche Überschneidungen

untereinander gekennzeichnet. Im

Besonderen gilt dies für berufsbildprägende Tätigkeiten

und den zu ihrer Ausübung benötigten Kompetenzen.“

Ähnlich sieht es Daniel Kitz, Fachbereichsleiter

für Elektrotechnik und Mechatronik am Industrie-

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

13


1

Institut für Lehre und Weiterbildung Mainz eG (ILW):

„Berufsbilder verschmelzen und sie müssen auch

verschmelzen.“ Dies gelte nicht erst in der Arbeitswelt,

sondern bereits in der Ausbildung.

Es gehe hierbei um ein digitales Grundverständnis:

„Es ist nicht das Ziel, am Ende alle Berufsbilder unter

dem Deckmantel der Digitalisierung in einem Ausbildungsberuf

aufzulösen.“ Die Auszubildenden müssten

vielmehr lernen, technische Prozesse nicht nur mit

der Brille ihres zukünftigen Berufs zu sehen, sondern

auch zu verstehen, wie ein anderer Beruf darauf blicke

– und das bis in die Führungsebene. Denn nur so sei

es beispielsweise der Unternehmensführung möglich,

die einzelnen Fertigungsschritte einzuordnen und den

gesamten Fertigungsprozess zu überblicken.

Die Ausbildung ist durch die Digitalisierung

fachübergreifender geworden, dafür erfahren möglicherweise

bisherige Ausbildungsinhalte eine Komprimierung,

fasst Kitz die aktuelle Entwicklung zusammen.

Ein Azubi soll beispielsweise in der Lage sein,

eine App zur Prozesssteuerung zu verwenden, aber er

muss sie deswegen noch nicht selbst programmieren

können. Er müsse jedoch den Prozess dahinter verstehen:

Wie greift die App auf Daten zu? Wie werden

Steuerungssignale übertragen? Was bedeutet das für

Mitarbeitende?

Nur durch dieses übergreifende Verständnis der

digitalen Prozesse entstehen die notwendigen Schnittmengen

zwischen den einzelnen Berufen: verschmelzende

Berufsbilder für eine vernetzte Industrie 4.0.

Damit jedoch nicht der fachliche Kern einzelner

Berufsausbildungen verwischt, sind diese weiterhin in

ihren Prüfungsordnungen festgeschrieben.

„Berufsbilder verschmelzen und sie

müssen auch verschmelzen.“ – Daniel Kitz,

ILW Mainz eG

Mit starren Berufsbildern flexibel arbeiten

Trotz der rasanten Entwicklung der Industrie 4.0

glaubt Klaus Herrmann, stellvertretender Leiter des

Festo Lernzentrums Saar, dass „man mit den Berufsbildern

ganz gut leben kann. Man muss sie nicht

aufbrechen. Ein Berufsbild hat ja die Zielsetzung, in

einem bestimmten Fachsegment eine besondere

fachliche Tiefe zu erreichen. Wenn mir heute jemand

sagt, ‚das passt nicht in einen Ausbildungsrahmenplan‘,

dann hat das mit etwas anderem zu tun, nämlich

mit der eigenen Unbeweglichkeit.“ Auch wenn das ein

oder andere Berufsbild vielleicht neugestaltet werden

müsste, sieht Herrmann in der bloßen Forderung oft

eine Ausrede: „Lass uns über die Neugestaltung reden,

nur lass uns jetzt bloß nichts tun.“

„Bei uns im Unternehmen hat die

Trennung im Kopf stark abgenommen.“

– Gesine Schönberger, tesa Werk Offenburg GmbH

Stattdessen sollten Unternehmen sich auch berufspolitisch

in den Änderungsprozess einbringen und

im eigenen Betrieb aktiv werden. Auch brauche es eine

offene Firmenkultur. Azubis müssten im Betrieb die

Möglichkeit bekommen, aus dem eigenen beruflichen

Silo nach links und rechts zu schauen.

Sich an der Industriepraxis messen

Bei der Firma tesa gebe es bereits eine offene

Unternehmenskultur, sagt Gesine Schönberger, Leiterin

Personal und Service tesa Werk Offenburg. „Wir

haben zwar auf der formalen Ebene immer noch die

strikte Trennung zwischen den Berufsbildern, aber im

alltäglichen Geschäft ist es bereits so, dass über die

Kommunikationsebene eine stärkere Vermischung

zwischen den Berufen stattfindet. Bei uns im Unternehmen

hat die Trennung im Kopf stark abgenommen.“

Die Jobtitel treten zunehmend in den Hintergrund,

denn „die Notwendigkeit, miteinander in Interaktion zu

gehen und schnittstellenübergreifend zu arbeiten,

erhöht das Maß an erforderlicher Kommunikation und

Verständnis füreinander.“ Doch ist sich die Ingenieurin

sicher, dass es in absehbarer Zukunft auch weiterhin

Mechanikerinnen und Mechaniker, Elektronikerinnen

und Elektroniker sowie Industriemechanikerinnen und

-mechaniker als eigenständige Berufsbilder geben

werde: „Man braucht weiterhin Leute, die sehr passgenau

Teile fertigen können und genau verstehen, was sie

da mechanisch machen.“

14


Neue Berufe statt Upgrades

Einen Schritt weiter geht der Verband der deutschen

Informations- und Telekommunikationsbranche Bitkom.

Statt dass alte Berufsbilder durch die verbindende

Digitalisierung irgendwann verschmelzen oder sie sich

zumindest inhaltlich stärker annähern, sieht der Verband

die Zukunft in sich neu ausdifferenzierenden

Berufsbildern. Zum Beispiel im Digital Engineering als

Berufsbild für Ingenieurinnen und Ingenieure der Digitalisierung,

die sich mit der Konstruktion und Realisierung

digitaler Lösungen befassen. Oder in Data Science als

Berufsbild für Materialkundlerinnen und -kundler der

Digitalisierung, das sich mit Daten als zentralem Werkstoff

und Material sowie der darin enthaltenen Informationen

befasst. Darüber hinaus erzeuge die Digitalisierung

den Bedarf für viele weitere Berufsbilder, deren klare

Konturen sich mit der Zeit entwickeln werden. Die

Diskussion um Berufsbilder soll hierfür in Deutschland

einen zentralen politischen Stellenwert erfahren, denn:

„Die Schaffung von Berufsbildern der Digitalisierung

muss für unsere Zukunftsfähigkeit zur Priorität werden.“

Wie Ausbildungsordnungen in der dualen Ausbildung

etabliert und modernisiert werden, lesen Sie in der

Rubrik „Zukunft der Berufe“.

Weitere Informationen finden Sie unter:

Roland Berger – „Computer on wheels /

Disruption in automotive electronics and

semiconductors“: https://www.rolandberger.

com/publications/publication_pdf/roland_

berger_computer_on_wheels.pdf

Forschungsbericht 526/1K. BMAS-Prognose

„Digitalisierte Arbeitswelt“: https://www.bmas.

de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/

Forschungsberichte/fb526-1k-bmas-prognosedigitalisierte-arbeitswelt.pdf

Bitkom-Positionspapier „Erfolgreiche Digitalisierung

braucht eigenständige Berufsbilder“:

https://www.bitkom.org/sites/default/

files/2021-03/210318_pp_erfolgreichedigitalisierung-braucht-eigenstandige-berufsbilder.pdf

1 Bei der Deutschen Meisterschaft

„Industrie 4.0“ mussten die Wettkämpfer

Kompetenzen in der Mechatronik und

Informatik kombinieren.


Meinung

„Wir müssen Bildung neu denken“

Disruption vom Feinsten

Immer wieder fordern Bildungsexperten einen

frischen und innovativen Blick auf die Frage

nach guter Bildung. WorldSkills Germany

sprach mit Ralph Linde, Leiter der Volkswagen

Group Academy, der Dachorganisation für

Bildungsaktivitäten des internationalen Mobilitätskonzerns

über den Transformationsprozess

in der beruflichen Bildung.

fünf Monaten, weil es dauert, das zu organisieren und

die Kurse voll belegt sind. Dann ist das Gespräch mit

Ihrem Chef wahrscheinlich längst vorbei und Ihre

Motivation, sich durch Lernen darauf vorzubereiten,

kaum mehr vorhanden. Sie sitzen also fünf Monate

später mit elf anderen Personen mit unterschiedlichen

Interessen in einem Seminar und wenn Sie Glück haben,

gibt es drei Stunden mit Inhalten, die Sie brauchen. Wir

bei Volkswagen versuchen, Bildung schneller wirksam

Herr Linde, auf einem Vortrag sprachen Sie kürzlich

von einer Disruption in der Bildung. Was verstehen

Sie darunter?

Ich glaube, dass Bildung einer der von Disruption

am meisten betroffenen Bereiche der Gesellschaft ist.

Und das gilt sowohl für die öffentliche Bildung als auch

für die Bildung im Unternehmen. Wir kennen in der

Weiterbildung oft nur eine Methode für die meisten

Qualifizierungsanforderungen: das Seminar. Wenn Sie

zum Beispiel in zwei Wochen ein Gespräch mit Ihrem

Chef haben und dafür etwas über Konfliktmanagement

wissen wollen, dann wird Ihnen zunächst einmal ein

Schulungstermin angeboten. Allerdings oftmals erst in

„Wir müssen den Fokus stärker

darauf richten, die Menschen in ihrem

Arbeits alltag zu unterstützen.“

zu machen. Dazu unterteilen wir die Seminarinhalte in

kleine Wissensbestandteile, die wir unseren Teilnehmern

unmittelbar in digitaler Form zur Verfügung

stellen. Natürlich gibt es auch noch Gelegenheit in

Präsenz zu üben – ganz gezielt da, wo es notwendig ist

und Sinn macht. Bei Volkswagen bauen wir gerade in

der Weiterbildung eine neue Lernwelt für die Fachbe-

16


reiche auf – mit freien Zugängen für die Belegschaft,

mit offenem Content von verschiedenen Plattformen,

auf denen jeder Anreize findet, eigenständig zu lernen.

Die Inhalte verteilen wir auf verschiedene Medien mit

interessanter Methodik, von Filmen bis hin zu Micro-

Consulting-Angeboten, sodass wir auch unterschiedlichen

Bedürfnisse gerecht werden.

Was heißt das konkret für die Ausbildung?

Wir müssen den Fokus stärker darauf richten, die

Menschen in ihrem Arbeitsalltag zu unterstützen. Dazu

braucht es nicht immer einen Pädagogen, um Lerninhalte

zu vermitteln. In einem YouTube-Tutorial erlebe

ich z. B. auch jemanden, der zwar Experte auf seinem

Gebiet ist, der begeistert ist von dem, was er vorträgt

und die Inhalte möglichst kreativ und anschaulich

vermittelt. Aber in der Regel sind das keine Professoren.

„Wir müssen das traditionelle Lehrermodell

reformieren und das Lernen in

Netzwerken organisieren.“

„Wir gehen bei Volkswagen dazu

über, die Ausbilder als Lernbegleiter zu

begreifen.“

Wie sieht die neue Pädagogik aus?

Sich gegenseitig zu unterstützen, althergebrachtes

in Frage zu stellen, außerhalb des Rahmens zu denken

und vor allem selbstgesteuert zu lernen, sind Verhaltensweisen,

die wir künftig noch viel stärker benötigen

werden. Für die Ausbildung sowohl an den Berufsschulen

als auch in den Unternehmen heißt das, wir

werden viel mehr auf digitale Lernmedien und digitalen

Content umstellen, um Wissen unmittelbar bereitzustellen

und selbstgesteuertes Lernen zu fördern.

Hinzu kommt, dass wir einen ganzheitlichen Ausbildungsansatz

verfolgen, der Aspekte wie Umwelt,

Nachhaltigkeit und Verantwortung einschließt. Außerdem

ermutigen wir in verschiedenen Projekten unsere

Auszubildenden dazu, Lernprozesse eigenständig zu

organisieren und die Erkenntnisse, die sie beim

Lernen machen, in eine Lerneinheit für andere zu

übertragen. Die Jugendlichen werden so selber zum

Lehrer der nächsten Generation und erstellen eigenes

Lernmaterial. Das funktioniert sehr gut.

Zusammengefasst bedeutet das: Wir müssen Bildung

neu denken. Wir müssen das traditionelle Lehrermodell

reformieren und das Lernen in Netzwerken

organisieren. Ein Beispiel für neues Lernen ist z. B. die

Softwareschule „42 Wolfsburg“, die Volkswagen unterstützt.

Dort studieren junge Menschen, manchmal ohne

jeglichen Schulabschluss. Im Gegenzug müssen sie

an spruchsvolle, mehrwöchige Auswahlverfahren bestehen.

Diese werden „piscines“ genannt und bauen

anders als in der herkömmlichen Bildung darauf auf,

dass man sich gegenseitig hilft. Zugelassen wird nicht

etwa nur, wer gut in Softwareentwicklung ist, sondern

wer schnelle Fortschritte beim Lösen von logischen

Problemen macht. Es gibt an dieser Schule zudem

keine Lehrer, kein Klassenzimmer, keinen klassischen

Unterricht und keinen Lehrplan. Das Einzige, was die

Schüler vorfinden, ist ein riesiges Computerspiel mit 21

Leveln und vielen Projekten, in denen sie in Teamarbeit

Programmieraufgaben lösen müssen. Mit diesem

spielerischen Ansatz wird eine völlig neue Form von

Pädagogik vermittelt und das sehr erfolgreich. So

gehören die Absolventen des weltweiten École 42-Netzwerks

am Ende ihrer Ausbildung zu den besten Softwareentwicklern,

die man auf dem Markt finden kann,

mit hervorragenden Aussichten auf eine spätere

Anstellung im Softwarebereich. Wir können uns daher

an der 42 Wolfsburg kaum vor Bewerbungen retten.

Braucht es in Zukunft keine Ausbilder mehr?

Natürlich braucht es noch Ausbilder. Ich möchte

ungern Hochvolttechnik von Auszubildenden ausprobieren

lassen. Wir gehen bei Volkswagen aber dazu über,

die Ausbilder als Lernbegleiter zu begreifen. Unser Ziel

ist es, die jungen Leute beim Lernen mit ganz viel

Eigeninitiative so zu begleiten, dass sie zu einem Punkt

kommen, wo sie selbstständiger denken und eigene

Entscheidungen treffen können, z. B. welcher Lernstoff

für sie gerade der richtige ist. Im Kern geht es also um

eine vom konventionellen Unterricht unabhängigere

Form des Lernens.

Ralph Linde

ist Leiter der Volkswagen Group Academy,

der Dachorganisation für Bildungsaktivitäten

des internationalen Mobilitätskonzerns.

Das ausführliche Interview lesen Sie unter:

https://www.worldskillsgermany.com/de/

blog/2021/12/01/wir-muessen-bildung-neudenken/

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

17


junge Stimmen

Wenn du etwas

ändern könntest …?

Junge Fachkräfte und ihre Zukunftswünsche für die Ausbildung

Was würden junge Fachkräfte in ihrer Ausbildung

ändern? Oder was müsste sich für künftige

Ausbildungs generationen ändern? Was ist ihnen

im Betrieb wichtig? Und worauf legen sie in der

Schule Wert?

Mir sind der Ausbau und die Instandsetzung

der digitalen Infrastruktur, die

rechtzeitige Erneuerung der Lernmaterialien,

z. B. der PC (Stichwort:

Windows 11), sehr wichtig. Außerdem

möchte ich einfach und unbürokratisch

auf meine E-Mails der Berufsschule/Ausbildung

zugreifen können.

Ich könnte mir „experimentelle“ Formen

des Unterrichts vorstellen, etwa

Simulationen von Problemen, welche

im Berufsalltag auftreten können

(extrem unfreundlicher Kunde). Eine

große Rolle spielen auch der Umgang

und der Ton bei der Kommunikation

mit den Schüler/innen bzw. Auszubildenden.

Darauf sollte noch mehr Wert

gelegt werden.

In der Ausbildung wünsche ich mir

mehr Zeit für Kleinprojekte, bei denen

man neue Bauteile/Themen kennenlernt.

Der Lehrplan der Schule sollte in

Bezug auf die Zwischen- bzw.

Abschluss prüfung besser strukturiert

sein. Mit Blick auf die Digitalisierung

sollten gerade in der Berufsschule die

Geräte bzw. Lernmittel auf dem neusten

Stand sein und auch mit Tablets etc.

gearbeitet werden.

Leon Bürkle (21) ist Elektroniker für

Betriebstechnik

Moritz Attila Bode (23) ist IT-Systemelektroniker

im ALBBW Berlin

18


Mir ist ein professioneller, respektvoller

und wertschätzender Umgang miteinander

wichtig. Für meinen Beruf würde ich mir

ein Gehalt während der Ausbildung

wünschen, nicht erst im Anerkennungsjahr

ca. 1.100 Euro pro Monat. In Zukunft

wäre wichtig, dass mehr aufgeklärt wird,

was welchen Beruf ausmacht und wie

wichtig er ist. Ich bekomme ständig zu

hören, dass mein Beruf doch nicht so

schwer sein kann, dass ich nur Kaffee

trinke und mit Kindern spiele. Viele

Berufe werden nicht anständig geschätzt

und unterstützt. Im Bereich Digitalisierung

könnte man in der Schule noch

einiges ändern, z. B. funktionierende

Computer, anständiges WLAN und Schüler-

Laptops als Grundausstattung.

Jasmine Butzheinen (18) ist in der

Ausbildung als Erzieherin mit

allgemeiner Hochschulreife und

Landesvorstandsmitglied der

Landesschüler*innenvertretung NRW

Die Digitalisierung muss definitiv als

ein Priorisierungspunkt der künftigen

Entwicklung stärker berücksichtigt

werden. In der Berufsschule werden

digitale Medien noch viel zu selten

eingesetzt, sodass man als Schüler/in

nicht die kompletten Möglichkeiten

kennenlernt, diese Medien richtig

einzusetzen. Eine Möglichkeit in der

Berufsschule wäre es, mit Fachprogrammen

zu arbeiten, um das Vermittelte

nicht nur theoretisch zu wissen,

sondern auch praktisch umsetzen zu

können. Dadurch kann man wichtige

Erfahrungen sammeln, welche einem

im künftigen Berufsleben immer

wieder helfen werden.

Malte Weber (18) ist Verwaltungsfachangestellter

im 3. Lehrjahr

und Landesvorstandsmitglied in der

Landesschüler*innenvertretung

Hessen

Die vollständigen Interviews mit jungen

Menschen aus ganz Deutschland lesen Sie

unter: https://www.worldskillsgermany.com/

de/blog/2021/11/24/wenn-du-etwasaendern-koenntest/

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

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Berufliche Bildung

Das Ausbildungspersonal ist nur so

gut wie die Rahmenbedingungen

Warum die Bedeutung pädagogischer Kenntnisse steigt

Fehlende Berufsorientierung, schulische

Defizite und ein Mangel an positivem Image

– Unternehmen fällt es zunehmend schwer,

passende Auszubildende zu finden. Allen

voran sind es die Ausbilderinnen und Ausbilder,

die im täglichen Berufsalltag aktuell vor

großen Herausforderungen stehen. Umso

klarer sind ihre Forderungen für die Zukunft

der Ausbildung.

Immer öfter haben Unternehmen Schwierigkeiten,

geeignete Nachwuchskräfte zu rekrutieren und zu

halten. Katja Caspari, Vorstandsmitglied im Bundesverband

Deutscher Berufsausbilder e. V., sieht einen

Grund dafür in den „häufig mäßigen Kenntnissen in

Lesen, Schreiben und Rechnen.“ Thorben Grübnau,

Ausbilder und Küchenchef im Patentkrug in Oldenburg

und Vizepräsident des Verbands der Köche Deutschland

e. V. kann dies bestätigen: „Bereits vor Corona

hatten insbesondere ehemalige Gesamtschülerinnen

und -schüler zum Teil große Probleme mit einfachsten

schulischen Inhalten. Während Corona haben sich

einige Defizite zusätzlich noch verstärkt, vor allem

Konzentrationsschwächen, Merkfähigkeiten und

einfache Sozialkompetenzen haben bei den jungen

Menschen gelitten.“

Aus- und Weiterbildungspädagogik muss gefördert

werden

Um diesen Defiziten aktuell und in Zukunft entgegenzutreten

„kommen arbeits- und berufspädagogischen

Kenntnissen von Ausbildungspersonal immer

mehr Bedeutung zu“, erklärt Jutta Mohamed-Ali,

Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher

Berufsausbilder e. V. „Denn wenn junge Menschen

immer weniger auf das Berufsleben vorbereitet

sind, verlangt es immer bessere pädagogische Fähigkeiten

des Ausbildungspersonals, um aus ihnen

trotzdem tolle Mitarbeitende zu machen.“ Wichtig sei

es, das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Aus- und

Weiterbildungspädagogik wichtige Fähigkeiten,

Kenntnisse und Fertigkeiten umfasst. „Dies wird in

vielen Betrieben noch zu wenig wertgeschätzt und

gefördert“, so Mohamed-Ali. Katja Caspari ergänzt:

„Das Ausbildungspersonal ist nur so gut wie die

Rahmenbedingungen. Sieht der Betrieb die Auszubildenden

nur als billige Arbeitskräfte und die Ausbildung

als ‚Nebenjob‘ für die Mitarbeitenden, wird sich das

auch in der Zufriedenheit und der Abbrecherquote bei

allen Beteiligten spiegeln.“ Das Nachwuchsproblem

gebe es nämlich nicht nur in Bezug auf Auszubildende,

sondern auch bezüglich des Ausbildungspersonals.

Stefan Dietl, Ausbildungsleiter der Festo Didactic SE,

würde es darüber hinaus begrüßen, wenn auch „die

Ausbildung von Lehrkräften stärker mit dem Themenfeld

Berufsausbildung verzahnt wird. Praktika für

Lehrpersonal im Ausbildungsumfeld oder der Besuch

von Fortbildungsveranstaltungen über Anforderungen

in der Wirtschaft etc. könnten fruchtbar sein.“

Wertschätzung von Azubis und Angebote für Mitarbeitende

sind entscheidend

„Wenn wir nach einem besseren Image der Ausbil-

20


dung rufen, sollten wir auch für ein besseres Image im

eigenen Unternehmen sorgen“, fordert Katja Caspari.

Was sie meint, ist die Notwendigkeit, bei sich selbst

anzufangen und die Ausbildung für alle Beteiligten so

ansprechend wie möglich zu gestalten. Auch Thomas

Holzmann, Bundestrainer von WorldSkills Germany in

der Disziplin „Nutzfahrzeugtechnik“, weiß, was hier

seitens der Unternehmen in Zukunft zu leisten ist: „Im

Fokus wird zunehmend stehen, welche Vision ein

Unternehmen vertritt und ob sich die künftigen Auszubildenden

damit identifizieren können. Dabei denke

ich an Faktoren wie Nachhaltigkeit, die Förderung von

Mitarbeitenden, Work-Life-Balance und Teamgeist.“

Aber auch eine monetäre Aufwertung der Berufe sei an

der Zeit. Dies wünscht sich auch Thorben Grübnau:

„Die Aus- und Weiterbildung in der Gastronomie braucht

meines Erachtens eine höhere wirtschaftliche Wertschätzung.

Es kann nicht sein, dass Kochazubis mit Ausbildungsgehalt

im Vergleich zu einer ungelernten Kraft mit

Mindestlohn schlechter abschneiden.“ Auch würden

weiterführende Qualifizierungen zwar gerne gesehen

und für die Unternehmensentwicklung genutzt, führten

aber selten zu einer Erhöhung des Gehalts.

Digitale und analoge Medien mixen und Umsetzung

in der Praxis stärken

Stefan Dietl sieht für die Zukunft weitere Herausforderungen,

wie z. B. „Veränderungen der Berufsbilder

und Technologien bis hin zur Frage, wie wir ausbilden.

Unternehmen könnten sich zum Beispiel noch mehr

mit allgemeinbildenden Schulen verzahnen und über

virtuelle Praktika – auch in Corona-Zeiten – im Umfeld

der Schülerinnen und Schüler präsent sein.“ Die

Vermittlung von Inhalten birgt laut Jutta Mohamed-Ali

Chancen für neue Herangehensweisen: „Es sollten

digitale Medien wie E-Learnings, Serious Games,

Planspiele etc. vermehrt Einzug in die Ausbildungswelt

halten, aber auch die Fähigkeit, sich mit längeren

„Im Fokus wird zunehmend stehen,

welche Vision ein Unternehmen vertritt

und ob sich die künftigen Auszubildenden

damit identifizieren können.“

– Thomas Holzmann, WorldSkills Germany-Bundestrainer

Texten wie Leittexten, Fallstudien und Lernaufträgen

beschäftigen zu können und damit vor allem Konzentration

zu fördern, sollte nicht vergessen werden.“ Dies

bedeute jedoch auch, dass Ausbildungspersonal das

pädagogische Können braucht, um die gesamte Palette

der Möglichkeiten in der Ausbildung zu nutzen.

„Betriebe, und da meine ich vor allem die Geschäftsleitung,

müssen Ausbilderinnen und Ausbildern auch die

Zeit einräumen, sich damit beschäftigen zu können.“

Torsten Lippoldt, Ausbildungsmeister bei der Sachsen-

Energie AG und WorldSkills-Bundestrainer in der

Disziplin "Elektroinstallation", sieht hingegen Hand-

lungs bedarf vor allem im Bereich der Berufs schulen.

Deren technische Ausstattung ließe, wie auch in vielen

Oberschulen, zu wünschen übrig. „Hier stößt der

Föderalismus an seine Grenzen. Es kann nicht sein,

dass Milliarden für die Digitalisierung der Schulen zur

Verfügung stehen, diese aber von den kommunalen

Trägern nicht abgerufen werden“, so Lippoldt. In Bezug

auf die Vermittlung und Festigung von Ausbildungsinhalten

macht er einen konkreten Vorschlag: „Ich denke,

eine Integration der Strategie ‚Lernen im Wettbewerb‘,

wie sie von WorldSkills Germany verfolgt wird, wäre

sowohl in der Theorie als auch in der Praxis ein Denkansatz.“

Durch die Integration beruflicher Wettbewerbe

in den Ausbildungsalltag könne sowohl eine persönliche

und fachliche Weiterentwicklung von Auszubildenden

erfolgen als auch die Motivation in der Ausbildung

gesteigert werden.

Die Zukunft der Ausbildung hängt nicht nur von

neuen Tools und aktualisierten Ausbildungsinhalten ab.

Vielmehr müssen die passenden Rahmenbedingungen

vorhanden sein, um ausreichend junge Menschen für

eine Ausbildung zu gewinnen und sie entsprechend auf

das Berufsleben vorzubereiten. Damit einher geht vor

allem auch die Förderung des Ausbildungspersonals

und die Wertschätzung dessen Leistung im Bereich der

Aus- und Weiterbildungspädagogik.

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie unter:

https://www.worldskillsgermany.com/de/

blog/2021/12/04/rahmenbedingungen-gutesausbildungspersonal

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

21


Weltweit

Europa – Bollwerk

beruflicher Bildung

Wie Exzellenzzentren zur Transformation

der Berufsbildung beitragen

Die EU-Kommission hat in der neuen Förderphase

das Erasmus+-Budget für berufliche

Bildung aufgestockt und relevante Akteure

dazu aufgerufen, sich an der Initiative zur

Schaffung beruflicher Exzellenzzentren zu

beteiligen. Das Ziel: Die Errichtung von „Kompetenzökosystemen“,

in denen gemeinsam

die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung

vorangetrieben wird.

Klimaschutz, Digitalisierung, Weiterbildung: Allesamt

Themen, die nicht nur in einzelnen Betrieben, sondern

in der gesamten deutschen Berufsbildung eine Rolle

spielen und das weit über die Landesgrenzen hinaus.

Wieso also nicht auf regionaler, europäischer und

internationaler Ebene zusammenarbeiten, um die

Herausforderungen gemeinsam anzugehen und

die Berufsbildung für junge Menschen attraktiv zu

machen? Dies ist das Ziel, das die EU-Kommission mit

den „Centres of Vocational Excellence“ (CoVes) verfolgt.

Die Initiative, die es bereits seit 2018 gibt, erhält

in der neuen Förderperiode von 2021 bis 2027 400

Millionen Euro.

„Bei den beiden vorangegangenen Aufrufen zur

Einreichung von Projektvorschlägen hatten wir mit

einer positiven Reaktion auf die Initiative gerechnet,

aber die Nachfrage war noch viel größer als wir erwartet

hatten“, berichtet João Santos, leitender Experte der

Generaldirektion „Beschäftigung, Soziales und Integration“

bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Im

neuen Programmplanungszeitraum können deshalb

insgesamt hundert internationale Netzwerke beruflicher

Exzellenz mit jeweils bis zu vier Millionen Euro

bezuschusst werden, und zwar über eine Projektdauer

von vier Jahren.

„Das ist der Mehrwert von Europa,

dass man über den Tellerrand hinaus

andere gute Beispiele erkennt.“

– Stefan Nowatschin, Berufsbildende Schulen I Uelzen

22


Über den Tellerrand hinausschauen

Neben den CoVes werden mit dem Budget auch

weitere Projekte unterstützt, die ebenfalls zur Gestaltung

des europäischen Bildungsraums beitragen, so

z. B. das EU-Berufsbildungsnetzwerk „Digital unterstützte

und nachhaltigkeitsorientierte Exzellenzzentren

Beruflicher Bildung in EUROPA gestalten (DUNE-BB-

EU)“. Seit 2019 gibt es dafür Erasmus-Mittel. Die

Berufsbildenden Schulen I Uelzen fungieren dabei als

Leitstelle. Das Ziel des Projekts ist es, Bildungseinrichtungen

die Transformation in nachhaltigkeitsorientierte

und digital unterstützte Exzellenzzentren zu

erleichtern. Gemeinsam mit Partnereinrichtungen in

Italien, Frankreich, Estland, Österreich, Malta und

Deutschland tauscht man sich regelmäßig zu diesen

und weiteren Themen aus. Schulleiter und Oberstudiendirektor

Stefan Nowatschin weiß den Austausch zu

schätzen: „Das ist der Mehrwert von Europa: Man kann

über den Tellerrand hinaus andere gute Beispiele

erkennen.” Nowatschin sieht zum Beispiel seine

Partnerberufsschule MCAST in Malta als exzellent an,

an der Lernende weitere Qualifikationsstufen über die

Berufsbildung hinaus erreichen können, bis zur

Promotion. „Es ist hochinteressant, was man voneinander

und miteinander lernen kann und wie dadurch

gemeinsam exzellentere berufliche Bildung erreicht

wird“, findet Nowatschin.

„Bildungseinrichtungen sollten

kein isolierter Raum sein.“ – João Santos,

EU-Kommission

Genau das ist laut der EU-Kommission auch eines

der Ziele der CoVes: „Best-Practice-Beispiele zu identifizieren

und dann zu versuchen, sie in anderen Ländern

zu replizieren”, erklärt Santos. Partnerschaften zwischen

Unternehmen und Bildungseinrichtungen in den

Niederlanden, angewandte Forschung im Baskenland:

Was in einem Land funktioniert, könnte anderen

Ländern ebenso von Nutzen sein. Ähnliches wie in

Malta versucht Nowatschin jetzt in Uelzen umzusetzen,

vielleicht in Kooperation mit der nahe gelegenen

Hochschule Ostfalia und am liebsten mit Digitalisierung

und Nachhaltigkeit als integrierte Unterrichtsthemen.

Die Vision soll auf dem neuen Campus verwirklicht

werden, der für 2025 geplant ist. Dieser soll nicht nur

ökologisch gebaut werden, zum Beispiel durch die

Anbringung von Solarpanels, sondern vor allem Raum

für den Diskurs über Nachhaltigkeit bieten, und zwar

nicht nur den Schülerinnen und Schülern. „Der BBS

Campus Uelzen ist nicht nur für die berufliche Bildung

da, er wird auch den anderen Bildungsinteressierten in

der Region und darüber hinaus sowie internationalen

Partnern zugänglich sein“, kündigt Nowatschin an.

„Nachhaltigkeit ist eine Kompetenz der Zukunft und

wir sind der Lernort, wo so etwas reflektiert wird, und

zwar nicht nur alleine, sondern kooperativ“, erklärt

Nowatschin.

1

Die Berufsbildung reformieren

Wegen ihrer ganzheitlichen Ausrichtung wird die

BBS I Uelzen von der UNESCO als „Lernort für 360 Grad

Nachhaltigkeitsbildung“ anerkannt. Dass sie Anlaufstelle

für zahlreiche Unternehmen, Hochschulen und

weitere Partner werden soll, spiegelt wider, was die

EU-Kommission für die Berufsbildung anvisiert.

„Bildungseinrichtungen sollten kein isolierter Raum

sein“, so Santos. „Lernorte sollten in die Gesellschaft

integriert sein und mit Unternehmen und Forschungs-

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

23


Weitere Informationen finden Sie unter:

Leitfaden zur Gestaltung

von regionalen digital unterstützten

und nachhaltigkeitsorientierten

Exzellenzzentren

beruflicher Bildung in Europa: https://

www.bbs1uelzen.de/wp-content/up

loads/2021/09/DunE-BB-EU-Leitfaden_

Stand-03.09.2021.pdf

Programmleitfaden Erasmus+:

https://ec.europa.eu/program

mes/erasmus-plus/sites/de

fault/files/2021-erasmusplusprogramme-guide_v2_de.pdf

„Es ist hochinteressant, was man

voneinander und miteinander lernen

kann und wie man dadurch gemeinsam

exzellentere Bildung erreicht.“

– Stefan Nowatschin, Berufsbildende Schulen I Uelzen

zentren in Kontakt stehen.“ Dadurch sollen Kompetenzökosysteme

entstehen, die schnell auf wirtschaftliche,

soziale oder technische Veränderungen reagieren

können. Denn die Berufsbildung in Europa entwickle

sich zwar, aber noch nicht rasch genug. Das habe

zuletzt auch die Pandemie bestätigt, während der

Millionen Auszubildende aufgrund fehlender technischer

Infrastrukturen plötzlich keinen Bildungszugang

mehr hatten. „Die Welt verändert sich schnell“, so

Santos. „Wer seine Vorreiterrolle beibehalten will, muss

als Bildungseinrichtung regelmäßig prüfen, ob die

Anforderungen des Arbeitsmarkts und der Gesellschaft

noch erfüllt werden.“

Aber wie kann eine schnelle Reaktion auf aktuelle

Entwicklungen konkret aussehen? Nowatschin berichtet

von einem Beispiel aus dem Jahr 2019. Als auf einer

Versammlung der örtlichen Maler-Innung angesprochen

wurde, dass sich Kunden von Malerbetrieben

zunehmend Nachhaltigkeit wünschen, wurde kurzerhand

eine Schulung an der Berufsschule organisiert.

Man lud Vertreter der Farbindustrie ein und diskutierte

zusammen mit Lehrkräften und Auszubildenden über

Rohstoffe, Lieferketten und deren Bedeutung für die

Nachhaltigkeit. Weitere Formate sollen folgen.

Die Programmlaufzeit des EU-Berufsbildungsnetzwerks

neigt sich nach zwei Jahren dem Ende zu.

Aus den Erkenntnissen, die die beteiligten Institutionen

durch regelmäßige Diskussionen und die Erprobung

vor Ort gesammelt haben, ist ein Leitfaden entstanden.

Unter anderem finden sich darin Antworten auf

die Frage, welche personellen Ressourcen für die

Gestaltung von Exzellenzzentren notwendig sind.

„Wissen zu teilen, heißt nämlich auch nachhaltig zu

sein“, so Nowatschin.

1 Die ehemalige niedersächsische

Kultusministerin Frauke Heiligenstadt

und der Landrat des Landkreises

Uelzen, Heiko Blume, beim Besuch der

BBS I Uelzen im Januar 2017.

2 Der Berufsschulcampus

Uelzen wird von der Auswahl

der Baustoffe bis hin zum

Raumklima nachhaltig gestaltet

(rechte Seite).

24


Weltweit

2

Campus der Zukunft?

Pädagogisches Konzept und Nachhaltigkeitsziele in einem

Schulgebäude vereinen

Mit dem Berufsschulzentrum Uelzen entsteht

bis 2025 ein Campus, der der Zukunft der

Berufsbildung gerecht werden soll. Wie Lernort

und Lerninhalte zusammenwirken, erklärt

der Projektentwickler Christian Auerbach.

Steuert jemand auf das Berufsschulzentrum Uelzen zu,

sieht er durch die Glasfronten die Auszubildenden bei

ihren Tätigkeiten: Kfz-Mechatroniker/innen, Elektroniker/innen,

Köchinnen und Köche und mehr. Die Innenarchitektur

der Schule weicht von der klassischen

Aufteilung ab, bei der mehrere Klassenzimmer von

einem Gang abgehen. Der praxisorientierte Unterricht

wird in offenen Bereichen vermittelt, die durch Übergänge

miteinander verbunden sind. „Nach dieser Skizze

wird die Schule in den nächsten zwei Jahren fertiggestellt.

Die Gebäudeinfrastruktur ermöglicht den Auszubildenden

fachübergreifend zusammenzuarbeiten, weil

das ihre berufliche Wirklichkeit widerspiegelt“, so

Christian Auerbach. Es gebe immer mehr Schnittmengen

zwischen Berufen. „Derjenige, der sich früher

nur mit Mechanik und Verbrennungsmotoren beschäftigte,

muss sich heute auch mit IT, Sensorik und

Elektronik auseinandersetzen. Er braucht jemanden,

der sich darum kümmert.“ Der Campus soll die notwendige

Teamarbeit in der Ausbildung verdeutlichen

und ermöglichen.

Weil sich die praktischen Tätigkeiten einer Berufsausbildung

ständig wandeln, tun es ihnen die Räumlichkeiten

gleich: Sie werden nicht mehr hochspezialisiert

sein, sondern über eine Grundstruktur verfügen, die

sich für verschiedene Zwecke anpassen lässt. „Wenn ich

eine Werkstatt in heutiger Form nicht mehr brauche,

muss ich nicht die Schule umbauen, sondern lediglich

die Ausstattung der Räume austauschen“, so Auerbach.

Umwelt im Fokus

Diese Flexibilität sei auch für die Umwelt besser, weil

Bauen hohe CO 2

-Emissionen habe. In einem zweijährigen

Entwicklungsprozess entschied das Kollegium

gemeinsam mit Auerbach insbesondere zwei zentrale

Anliegen: Die Pädagoginnen und Pädagogen wünschten

sich zum einen die fachübergreifende Verzahnung von

Theorie und Praxis in den Räumlichkeiten, was durch

die Offenheit ermöglicht wird, und zum anderen einen

nachhaltigen Berufsschulcampus. Dafür wird das

Gebäude ein einfaches Layout haben, das weniger

Gebäudetechnik wie Leitungen und Kabel benötigt.

Zudem werden Solarpanels das Dach bedecken, Bäume

für schattige Innenhöfe und eine natürliche Kühlung im

Sommer sorgen sowie Bodenplatten und Metallfassaden

aus alten Gebäuden wiederverwendet. „Es ist eine

Vernetzung von ganz vielen Aspekten, die zu mehr

Nachhaltigkeit beitragen“, sagt Auerbach.

Bis in dem Gebäude unterrichtet wird, überlegt sich

ein pädagogisches Team gemeinsam mit dem Projektentwickler

auf das Gebäude abgestimmte Lernkonzepte.

„Es wird quasi eine Betriebsanleitung geben, um

bei der Nutzung des Lernorts das Optimum herauszuholen“,

sagt Auerbach. Wenn Menschen dann an dem

Komplex vorbeigehen, soll bei ihnen das Interesse für

berufliche Bildung geweckt werden.

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

25


Internationale Wettbewerbe

Top-Fachkräfte –

Spitzenleistungen

Deutsche Berufe-Nationalmannschaft

erfolgreich bei EM der Berufe

Vier Mal Gold, vier Mal Silber, vier Mal Bronze,

sechs Exzellenzmedaillen für herausragende

Leistungen und ein besonderer zweiter Platz

in einer Disziplin, in der nur Gold vergeben

wurde – eine hervorragende Bilanz der Deutschen

Berufe-Nationalmannschaft bei den

EuroSkills Graz 2021. Das Team Germany war

bei der EM in Österreich mit 29 Wettkämpferinnen

und Wettkämpfern in 24 Disziplinen

vertreten. Insgesamt traten rund 400 europäische

Spitzenfachkräfte aus 19 Nationen und

drei Gastländern nicht nur im Wettkampf

gegeneinander an, sondern zeigten im Miteinander

und persönlichen Austausch, dass

Europa nur als Einheit stark bleiben kann.

26


Nachdem die EuroSkills Graz 2021 zweimal verschoben

werden mussten, stieg die Spannung umso mehr

bei der Eröffnungsveranstaltung. Das Team Germany

betrat voller Anspannung, aber auch Vorfreude, die

große Bühne. Was dann folgte, waren drei nervenaufreibende

Wettkampftage für die Spitzenfachkräfte

Europas. Sie zeigten, dass am Ende die Leidenschaft

für ihre Berufe alle Herausforderungen der letzten

Monate und Jahre in den Schatten stellte. Umso emotionaler

waren die Momente, als die Wettbewerbe vorbei

waren und sich die Champions, ihre Bundestrainerinnen

und Bundestrainer und Familien und Freunde in den

Armen lagen. Bei der Siegerehrung war die Freude

dann besonders groß und das gesamte Team bejubelte

jede einzelne Medaille. „Das Ergebnis ist wieder ein

guter Schritt nach vorn und wir steigern uns von Event

zu Event. Das zeigt den Teamspirit und auch die gute

Entwicklung“, freute sich Hubert Romer, Geschäftsführer

und Offizieller Delegierter von WorldSkills Germany,

über die hervorragende Leistung der Deutschen

Berufe-Nationalmannschaft. „Nimmt man alle Ergebnisse

der Länder mit dualer beruflicher Bildung

zusammen, dann belegt die duale Ausbildung den

Spitzenplatz in Europa.“ An die Organisatoren der

Europameisterschaft gewandt ergänzte Romer: „Ein

großer Dank geht an Österreich! Ihr wart ein perfektes

Gastgeberland.“ Rund 30.000 Besucherinnen und

Besucher sahen in Graz den Top-Talenten Europas in

38 offiziellen und zehn Präsentationsdisziplinen aus

Industrie, Handwerk und dem Dienstleistungsbereich

über die Schulter.

„22 unserer 29 deutschen Teilnehmerinnen und

Teilnehmer bringen eine Medaille mit nach Hause. Damit

zeigen sie eindrucksvoll, dass sich Geduld, Ausdauer

und Professionalität am Ende mehr als gelohnt haben“,

fasste Dr. Hendrik Voß, Technischer Delegierter von

WorldSkills Germany für die EuroSkills, die Leistung des

„Diese Veranstaltung unterstreicht

einmal mehr die Bedeutung der beruflichen

Bildung und den Stellenwert der Ausbildung,

die so vielen jungen Fach kräften

sehr gute Chancen bietet. Europa braucht

ihr Talent, Wissen und ihre Energie und

Motivation.“

– EU-Kommissar Nicolas Schmit bei der Eröffnungsfeier

Team Germany zusammen. „Trotz Pandemie konnte

das Team in Graz Höchstleistungen zeigen. Das verdanken

sie nicht zuletzt den österreichischen Veranstaltern,

die für hervorragende Wettbewerbsbedingungen

vor Ort gesorgt haben.“ Zu verdanken ist der erfreulich

gute Erfolg des Teams Germany vor allem auch den

jeweiligen Bundestrainerinnen und Bundestrainern in

den einzelnen Disziplinen.

„Ich werde auf jeden Fall etwas

aus dem Wettbewerb mitnehmen.

Einfach die Konkurrenz

aus Europa zu sehen,

zu gucken, wie die anderen so

arbeiten und auch einmal

andere Maschinen vor mir zu

haben, als die, die ich

normaler weise in der Werkstatt

habe, das war schon alles

sehr alles sehr interessant.“

– Adrian Knapp, Disziplin Landund

Baumaschinenmechaniker/in,

Silbermedaille und Best of Nation

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

27


„Ich bin total stolz auf Simon. Wir

haben über zehn Wochen hart

trainiert, immer mit dem klaren

Ziel, Gold zu holen. Das haben wir

auch umgesetzt und damit hier in

Österreich praktisch Berge

versetzt.“

– André Schnabel, Bundestrainer

Disziplin Anlagenmechaniker/in SHK,

Champion Simon Dorndorf gewann Gold

„Es fühlt sich großartig an. Wir haben

so hart trainiert, alles in Eigenregie

erarbeitet, wir sind zusammen durch

Dick und Dünn gegangen. Es ist ein

richtig geiles Gefühl. Eine Medaille war

unser großes Ziel, unser Anspruch,

aber dass es so gereicht hat, ist natürlich

perfekt. Ein perfekter Abschluss

von dieser schweren und anstrengenden

Zeit.“

– Lars Keller (r.), Disziplin Mechatronik,

Silbermedaille gemeinsam mit Jannis Borchert

„Nach dem letzten Tag hätte

ich nicht mehr dran geglaubt.

Umso glücklicher bin ich jetzt,

dass ich die Bronzemedaille

geholt habe, vor allem nicht

nur für mich, sondern für das

gesamte Steinmetz-Handwerk.

Ich glaube, wir deutschen

Steinmetze brauchen uns nicht

zu verstecken, deshalb bin ich

heute glücklich.“

– Julian Wally, Disziplin Steinmetz/in,

Bronzemedaille

28


„Es war eine faszinierende Erfahrung,

eine neue Disziplin mit aufzubauen,

sich mit unterschiedlichsten Expertinnen

und Experten auszutauschen

und Teil des WorldSkills-Geschehens

sein zu dürfen.“

– Pia Bredlich (r.), Bundestrainerin Disziplin

Pharmacy Technician, Champion Florian

Britzwein gewann Gold

ß

Die Teilnahme der Deutschen Berufe-Nationalmannschaft

bei den EuroSkills Graz erfolgt in Kooperation

von WorldSkills Germany e. V. und dem Zentralverband

des Deutschen Handwerks e. V. sowie den

Fachverbänden und Wirtschaftspartnern. Sie wird

gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung,

dem Bundesinstitut für Berufsbildung sowie

dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Darüber hinaus ist CWS als Presenterpartner von

WorldSkills Germany offizieller Partner und Ausstatter

der Deutschen Berufe-Nationalmannschaft für

die EuroSkills in Graz.

„Es ist ein brutales Gefühl, allein schon,

wenn jemand vom Team aufgerufen

wird und das ganze Team ausrastet.

Das erlebt man so schnell kein zweites

Mal. Bei uns waren sechs von sieben

Teilnehmer von außen gesehen alle

gleichauf. Deshalb war bis zum Ende

von Platz eins bis sechs alles drin. Von

daher ist der vierte Platz für mich gut.“

– Regina Fraunhofer, Disziplin Bodenleger/in,

Exzellenzmedaille

Weitere Informationen zum Team Germany

bei den EuroSkills Graz 2021 finden Sie unter:

https://www.worldskillsgermany.com/de/

euroskills-graz-2021

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

29


Herzlichen Glückwunsch Team Germany!

Wir gratulieren der Deutschen Berufe-Nationalmannschaft

für die hervorragende Leistung bei den EuroSkills Graz 2021!

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Zukunft der Berufe

Lebenszyklus der Lehre

Wie bleiben Ausbildungsberufe up to date und wann

entstehen neue Berufsbilder?

In Deutschland entstehen nur selten neue

Ausbildungsberufe. Wenn die Arbeitswelt

nach neuen Kompetenzen verlangt, werden

sie eher in bestehenden Ausbildungsordnungen

untergebracht. Und auch das geschieht

nicht häufig. Expertinnen und Experten sind

sich einig: Um im Takt der schnelllebigen

Arbeitswelt zu tanzen, müssen Ausbildungsordnungen

nicht ständig angepasst, sondern

langlebig gestaltet werden.

Die Ausbildungsordnung für IT-Berufe ist nach 1997

erst wieder 2020 neugeordnet worden. Dazwischen

liegen fast zwei Jahrzehnte voller digitaler Innovationen

und Veränderungen in der Arbeitswelt. „Natürlich

sah eine IT-Ausbildung 1998 in der Praxis völlig anders

aus als 2008 oder 2018. Und trotzdem haben viele

große Unternehmen gesagt, sie kämen mit der Verordnung

von 1997 super hin“, erklärt Jürgen Hollstein,

Geschäftsführer des Kuratoriums der Deutschen

Wirtschaft für Berufsbildung (KWB). Denn Deutschland

setzt bei der dualen Berufsausbildung auf offen

formulierte Ordnungen, die selten angepasst werden.

„Hier spiegelt sich eines der Grundelemente des

dualen Systems: Dass wir mit Ausbildungsordnungen

immer nur Mindestanforderungen definieren und

die betriebliche Praxis dann gewährleistet, aktuelle

Kompetenzen in die Ausbildung einfließen zu lassen“,

so Hollstein. Dass Einheitlichkeit trotz betrieblicher

Freiheiten gewahrt wird, dafür würden laut Bundesinstitut

für Berufsbildung (BIBB) die Prüfungsordnungen

sorgen.

Vom Impuls zur Einführung

In der Regel geht der Impuls von den Betrieben

aus, wann es an der Zeit für einen neuen Ausbildungsberuf

oder eine modernisierte Ausbildungsordnung

ist. Sie tragen ihre Wünsche an die Sozialpartner

heran, die für die Wirtschaft zu diesem Thema im KWB

organisiert sind, die Forderungen abwägen und gegebenenfalls

einen Antrag beim zuständigen Bundesministerium

stellen: „Wir achten darauf, dass nicht aus

jedem Hobby ein Ausbildungsberuf gemacht wird.

Dabei gibt es keine Checkliste mit 30 Punkten. Es ist

immer ein sehr individuelles Herangehen“, sagt

Hollstein. Wichtig sei vor allem, dass es einen bundesweiten

Bedarf gibt.

Neben den Sozialpartnern nimmt das BIBB eine

wichtige Rolle ein, indem es Gutachten erstellt,

inwiefern Modernisierungsbedarf bei Berufsbildern

besteht. Ob es an der Zeit für einen ganz neuen Ausbildungsberuf

ist, schlüsselt es anhand von wissenschaftlichen

Analysen auf: „Es gibt bestimmte Kriterien

für anerkannte Ausbildungsberufe, zum Beispiel

müssen Inhalte in einer gewissen Breite vermittelt

werden können und genügend Ausbildungsbetriebe

vorhanden sein. Außerdem gibt es die Vorgabe, dass

wir möglichst nicht den Markt mit einer Unmenge von

Ausbildungsgängen fluten“, sagt Dr. Monika Hackel,

Leiterin der Abteilung „Struktur und Ordnung der

Berufsbildung“ im BIBB.

32


Andocken, um Dopplungen zu meiden

Wenn es in der dualen Ausbildung einen Modernisierungsbedarf

gibt, werden neue Kompetenzen wenn

möglich alten Berufsbildern zugeordnet. „Es soll keine

fünf verschiedenen Berufe für denselben Zweck geben

und damit das Problem entstehen, dass in den Berufsschulen

keine Klassen mehr gebildet werden können.

Bei uns ist der Arbeitsmarkt so strukturiert, dass breite

Kompetenzen in einem Beruf angelegt werden“, so

Hackel. Zuletzt sind 11 Ausbildungsberufe zum Ausbildungsbeginn

2021 modernisiert worden. Insgesamt gibt

es heute mit 324 rund 20 Ausbildungsberufe weniger

als noch vor 10 Jahren.

Der Grat zwischen Kompetenzen andocken und

neues Berufsbild schaffen ist schmal. „Manchmal

würden wir eine Ausbildung überfrachten, wenn wir

zusätzliche Inhalte integrieren ohne auch Inhalte zu

streichen, weil wir für die Vermittlung nur drei Jahre

Zeit haben“, erklärt Hackel. In so einem Fall sei es

sinnvoller, einen neuen Beruf aufzunehmen. So entstand

vor wenigen Jahren der Ausbildungsberuf

Kaufmann bzw. Kauffrau im E-Commerce anstatt die

Kompetenzen beim Kaufmann bzw. der Kauffrau im

Einzelhandel unterzubringen. Dass neue Berufsbilder

selten entstehen, wird auch seitens der Betriebe

gutgeheißen: „Viele sind froh, dass es in der beruflichen

Bildung nicht diese mehr als 18.000 Bachelorund

Masterstudiengänge gibt, bei denen keiner mehr

durchblickt“, so Christopher Meier, Geschäftsführer

der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln. Er

empfindet die offene Gestaltung der Ausbildungsordnungen

nicht als ein Wegducken vor Verantwortung.

Dass Unternehmen Trends mitgehen und neue Tätigkeiten

in Ausbildungen einfließen lassen, ist in der

Regel ohnehin sichergestellt: „Das Wissen kommt doch

aus den Unternehmen. Manche von ihnen haben neue

Kompetenzen nicht auf dem Schirm und werden sich

dann natürlich auch nicht wegen fehlender Unterstützung

beschweren, aber das sind Einzelfälle“, so Meier.

Blick in die Zukunft

Ob der durch die Digitalisierung angetriebene

Wandel der Arbeitswelt den Trend umkehrt und sich die

Ausbildungslandschaft künftig in engerer Taktung

erneuert? „Es ist Kaffeesatzleserei, wie sich das in den

nächsten Jahren darstellt. Aber jetzt und rückblickend

sage ich: Nein“, so Hollstein. Neue Themenfelder sind

zudem nicht immer vollumfänglich für eine Erstausbildung

geeignet – Stichwort Cloud Computing oder Cyber

Security. „In einer Ausbildung wird immer nur das

Fundament gelegt, auf dem dann im Rahmen von Fort-

„Außerdem gibt es die Vorgabe, dass

wir möglichst nicht den Markt mit einer

Unmenge von Ausbildungsgängen fluten.“

– Dr. Monika Hackel, Bundesinstitut für Berufsbildung

und Weiterbildungen gebaut wird“, sagt Meier.

Hollstein, Hackel und Meier sind sich einig, dass

Deutschland bei der Modernisierung der Ausbildungslandschaft

die richtige Strategie fährt. Die Bundesrepublik

zählt zu den führenden Ländern im Bereich

der digitalen Wirtschaft – ob trotz oder wegen der

lange Zeit unveränderten Ausbildungsordnung der

IT-Berufe bleibt eben Kaffeesatzleserei.

Ausbildungsordnungen werden in Deutschland in drei

Schritten erarbeitet: Als Erstes werden Eckwerte von Sozialpartnern,

dem BIBB und den Fachministerien vorgeschlagen.

Auf dieser Grundlage werden konkrete Ordnungen für

die Betriebe und Rahmenlehrpläne für die Berufsschulen

erstellt und aufeinander abgestimmt – daran beteiligt

sind das BIBB, Vertreter der betrieblichen Praxis und die

Kultusministerkonferenz der Länder, die einen Rahmenlehrplanausschuss

bestimmt. Der BIBB-Hauptausschuss und

der sogenannte „Bund-Länder-Koordinierungsausschuss

Ausbildungsordnungen/Rahmenlehrpläne“ stimmen diesen

im dritten Schritt zu und das zuständige Fachministerium

erlässt gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung

und Forschung die Ausbildungsordnung.

Weitere Informationen finden Sie unter:

https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichun

gen/de/publication/show/8269

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

33


Leistungszentren

Bau setzt in der Ausbildung

auf Digitalisierung

E-Learning und digitales Bauwerksmodell

Digitalisierung hält in der Bauwirtschaft

immer mehr Einzug, verändert die Abläufe

und die Baustellenpraxis. Ergo, sagten sich

die Verantwortlichen des Bau Bildung Sachsen

e. V., müssen wir auch unsere künftigen

Fachkräfte gut darauf vorbereiten. Moderner

Wissenstransfer, digitale Pilotprojekte und

Praxisorientierung charakterisieren u. a. den

Weg, den die Leipziger Expertinnen und

Experten hierbei gehen.

Tablet statt Zettelwirtschaft: Die gewerblich-technische

Ausbildung und die Berufswelt haben sich in der

Bauwirtschaft stark verändert. „Digitalisierung in

Verbindung mit modernen Technologien stellen neue

Anforderungen an Inhalt und Art der Wissensvermittlung,

an Aufbereitung und Verteilung von Lerninhalten

an unsere künftigen Fachkräfte. Es bietet zugleich die

Chance, junge Menschen davon zu überzeugen, dass

Bauberufe attraktiv sind“, so Patrick Lesser, Leiter des

Überbetrieblichen Ausbildungszentrums (ÜAZ) Leipzig

des Bau Bildung Sachsen e. V. „Innovative digitale

Lernkonzepte, individuelle, flexible Lernwege sowie

praxisrelevante moderne und digitale Ausbildungsinfrastruktur

helfen, Fachkräfte zu gewinnen und ihre

Potenziale besser auszuschöpfen.“

Digitale Lernplattform speziell für Bauausbildung

gefragt

„Vor gut vier Jahren haben wir mit der Umsetzung

der ersten digitalen Ideen begonnen. Es entstand –

auch begründet durch die Corona-Pandemie – ein

einzigartiges Online-Trainingsportal mit sehr hoher

Akzeptanz sowohl bei den Auszubildenden als auch bei

den Ausbildungsunternehmen“, informierte Bau

Bildung Sachsen-Geschäftsführer Dr. Jens-Uwe Strehle

kürzlich Martin Dulig, Sachsens Staatsminister für

Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, bei dessen Besuch vor

Ort. „Die persönliche Wissensvermittlung kann und

soll durch die Lernangebote nicht ersetzt werden, aber

die ersten Feedbacks zeigen, dass wir hier eine optimale

ausbildungsbegleitende Ergänzung entwickelt

haben, die den Azubis auch noch Spaß macht. Die

Ausbildungsbetriebe haben außerdem die Möglichkeit,

den Lernerfolg gemeinsam mit ihren Auszubildenden

nachzuvollziehen und verschiedene Onlinetrainings

für die Auszubildenden zu buchen.“

Das ausbildungsbegleitende E-Learning-Portal

(www.e-construction-bbs.com) ist ein speziell für die

Ausbildung in Bauberufen entwickeltes digitales

Lernangebot mit dem Ziel, Auszubildende in der

überbetrieblichen Ausbildung mit passgenauen und

lerngerechten Inhalten zu unterstützen und optimal

auf ihre Prüfungen vorzubereiten. Das pädagogische

Konzept berücksichtigt dabei die Lerninhalte der

Berufsschule, der praktischen Ausbildung und die

Anforderungen der Ausbildungsunternehmen.

Lerninhalte sind attraktiv und multimedial an -

sprechend aufbereitet, Bilder, Videos oder Grafiken

erleichtern das Lernen. So vermitteln Lernvideos z. B.

Grundlagen der Bautechnik und gewerkespezifische

Inhalte, Game-basiert können z. B. komplexe Mauerwerksverbände

in 30 Level gebaut werden. Den Nutzern

wird eine Kontrolle des Lernstands ermöglicht,

webbasierte Trainings und Praxisübungen, Quiz,

Übungen und Abschlusstests zeigen, wo jede/r Auszubildende

steht. So dient das Portal der unmittelbaren

Prüfungsvorbereitung der Bau-Azubis.

„Es entstand ein einzigartiges Online-

Trainingsportal mit sehr hoher Akzeptanz

sowohl bei den Auszubildenden als auch

bei den Ausbildungsunternehmen.“

– Dr. Jens-Uwe Strehle, Bau Bildung Sachsen e. V.

Mit BIM ganzheitliches Verständnis für Baustellenpraxis

erhöhen

„Bau’s mit BIM“ ist ein weiteres nationales Referenzprojekt,

das die Verantwortlichen des Bau Bildung

Sachsen e. V. im Rahmen eines vom Bundesbildungsministerium

geförderten Programms umsetzen. Hierbei

34


1

2

wird die Stufenausbildung in der Bauwirtschaft mit der

Methode des Building Information Modeling (BIM)

verknüpft. Es handelt sich dabei um ein digitales

Bauwerksmodell, das die Methode der optimierten

Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden

mit Hilfe von Software beschreibt. Vereinfacht

ausgedrückt hilft BIM, das ganzheitliche Verständnis

für das reale Bauwerk zu steigern.

Das virtuelle Gebäudemodell in die Bauausbildung

zu integrieren, ermöglicht u. a. Konstruktionsmerkmale,

Geometrien und Baufortschritte zu visualisieren.

Aus zubildende werden so bei der selbstständigen

Planung von Materialmengen und Ausführungsabläufen

unterstützt, komplexe Zusammenhänge am Bau

können anschaulich erläutert werden. Auch werden

Lehr- und Lerninhalte aller Bauberufe im Bauprozess

und anhand der Ressourcen- bzw. Kostenplanung eines

Bauprojekts abgebildet. BIM ermöglicht einen umfassenden

Bezug zur reellen Arbeitswelt, zur Baustellenpraxis,

und unterstützt die Vorstellungskraft der

angehenden Fachkräfte. Der Bau Bildung Sachsen e. V.

trägt mit der Nutzung des BIM bei, die überbetriebliche

Ausbildung weiterzuentwickeln und so letztlich auch

die Bauaus bildung attraktiver zu machen.

1 Digitale Lerninhalte sind auf jedem

Endgerät nutzbar.

2 Spielerisch lernen: Game-basiert

können komplexe Mauerwerksverbände

in 30 Level gebaut werden.

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

35


Leistungszentren

WorldSkills Germany – Leistungszentren:

Trainingsorte für Champions

IKKE

gGmbH

Industrie-Institut

für Lehre und

Weiterbildung (ILW)

Festo Lernzentrum

Saar GmbH

7

Duisburg

Berufsbildungs- und

Technologiezentrum

der HWK Rhein-Main

17

Kompetenzzentrum

der Bauwirtschaft im

Berufs förderungswerk

der Süd badischen

Bauwirtschaft

Mainz

14

St. Ingbert-Rohrbach

DMG MORI

Academy GmbH

6

Bielefeld

Regionales

Berufliches

Bildungszentrum

Müritz

Multi-Media

Berufs bildende

Schulen Hannover

5

Hannover

Bundesbildungszentrum

des Zimmerer- und

Ausbauge werbes gGmbH

Ferdinand-

Braun-Schule

19

Bühl

8

Erfurt

Kassel 11

13

16

15

Schweinfurt

Weiterstadt

Print Media Academy –

Heidelberger

Druck maschinen AG

18

Wiesloch

Berufsförderungs gesellschaft

des baden-württembergischen

Stuckateurhandwerks mbH

Fulda

Leonberg

20 21

Esslingen

Biberach

23

Festo Ausbildungszentrum

22

Nördlingen

Ausgburg

24

Albert-Einstein-

Gymnasium

3

2

Neubrandenburg

Waren (Müritz)

9

10

4

Berlin

Bildungs- u. Technologie zentrum

der HWK zu Leipzig

Innung für Spengler-, Sanitär-,

Heizungs- und Klimatechnik

Schweinfurt – Main – Rhön

Berufsförderungswerk

Bau Sachsen e. V.

Dresden

12

Ausbildungszentrum Bau der

Bauinnung Nordschwaben

25

Leipzig

Bildungswerk BAU

Hessen-Thüringen

(BIW)

München

1

Regionales

Berufliches

Bildungszentrum

Neubrandenburg

– Gesundheit,

Sozial- und Sonderpädagogik,

Technik

Annedore-Leber-

Berufsbildungswerk

Haus des Kfz-

Gewerbes GmbH,

Bildungszentrum

des Kfz-Gewerbes

Region Dresden

Verband Druck und

Medien Bayern e. V.

36

Bildungszentrum Holzbau

Baden-Württemberg

Ausbildungszentrum der

Bauinnung Augsburg


Best Practice

Mehr (Eigen-)Initiative ist gefragt

Martin Türck betreibt den YouTube-Kanal „Future-Teach“

Warum sollte man einen Beruf in der Wirtschaft

aufgeben, um Berufsschullehrer zu

werden? „Aus finanziellen Gründen sicher

nicht“, lacht Martin Türck. Er hat genau das

getan: seinen gut dotierten Job als Unternehmensberater

gegen das Lehramt getauscht.

„Ich wollte etwas tun, das Sinn ergibt“, sagt

der 33-Jährige. Mittlerweile tut er das auch

außerhalb der schulischen Räumlichkeiten:

Seit den Anfängen von Corona betreibt er

einen YouTube-Kanal für Lehrende und Lernende.

Sein Engagement für seine Berufsschulkolleginnen

und -kollegen, aber auch

seine Schüler/innen dürfte so manchen Volksvertreter/innen

die Schamesröte ins Gesicht

treiben – denn das Thema Berufsschulen ist

in der Politik unterrepräsentiert. Und dazu hat

Martin Türck eine klare Meinung.

„Ich mag es, mit Menschen zu arbeiten und Wissen

weiterzugeben“, sagt Martin Türck über seine Berufung.

Dennoch: Dass er aus der Wirtschaft kommt,

möchte er nicht missen. „An Berufsschulen braucht

man Leute, die schon einmal gearbeitet haben. Lehrkräfte

mit Berufserfahrung können breiter eingesetzt

werden.“ Martin Türck unterrichtet an den Beruflichen

Schulen Groß-Gerau Wirtschaft und Politik. Davor

hat er mehrere Jahre als Digital-Berater gearbeitet.

Heute will er die Digitalisierung des Lehralltags mit

Workshops, Tutorials und Tipps auf seiner Website und

dem YouTube-Kanal Future-Teach vorantreiben.

Lehrkräfte finden dort Hilfreiches für

den schulischen Alltag: „Teams vs.

OneNote – was ist besser für Lehrer?“

heißt ein Video, „Cyber mobbing 2.0

– Deepfakes in der Schule?!“ ein

anderes. Es gibt aber auch Erklär videos

zu Microsoft-Office-Anwendungen,

eine allgemeine Übersicht über digitale

Tools oder Interviews. Mittlerweile

finden sich dort auch Tipps für Berufsschüler/innen,

z. B. zur Karikaturanalyse

im Politikunterricht.

Das erste Video erstellte Martin Türck, als die

Corona-Pandemie ihre ersten Vorboten schickte. Er

erinnert sich: „Ich habe auf YouTube nach einem

Teams-Tutorial gesucht und nichts gefunden. Ich

dachte mir: ‚Wenn ich das schon google und nichts

finde, was machen dann unerfahrenere Kolleginnen

und Kollegen?‘ Da habe ich das einfach selbst

gemacht.“ Die Resonanz war groß: Was mit einem

einzelnen Video begann, ist mittlerweile ein YouTube-

Kanal und eine angegliederte Website, die er neben

seinem Lehralltag betreut.

„An Berufsschulen braucht man

Leute, die schon einmal gearbeitet

haben.“

Nachhaltig engagiert

Ein Engagement, das Martin Türck gerne einbringt

– und das man mehr Berufsschüler/innen und ihren

Lehrkräften wünschen würde. Grundvoraussetzung ist

dafür eine gewisse Basisausstattung, die aber häufig

fehlt. Ein großes Manko, findet Martin Türck: Seiner

Meinung nach gibt es – neben der mangelhaften

digitalen Ausstattung – zwei weitere Bremser in der

zukunftsgerichteten Ausbildung: „Große Probleme in

der täglichen Arbeit machen zum einen Datenschutzbedenken

und zum anderen fehlende Mittel und

Personal für die Wartung von neuen Medien. Beides

führt dazu, dass Berufsschulen im digitalen Bereich

der wirtschaftlichen Entwicklung oft hinterherlaufen.“

Er wünscht sich mehr Pragmatismus in Deutschland:

„Es kann nicht sein, dass wir auf der einen Seite

Industrie 4.0, Cloud und neue KI-

Technologien haben wollen, auf der

anderen Seite Innovationen durch

Datenschutz ‚kaputt regulieren‘.“ Er

meint damit, dass in vielen Bundesländern

nicht klar oder sehr restriktiv

geregelt wird, welche digitalen Tools

Lehrkräfte verwenden dürfen. Das

führe zu viel Unsicherheit und letztlich

dazu, dass schulische Innovationen

nicht stattfänden. Abhilfe könnten

eine bessere Wahrnehmung und mehr

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

37


„Es kann nicht sein, dass wir Indus trie

4.0, Cloud und neue KI-Technologien

haben wollen, aber Innovationen durch

Datenschutz ‚kaputt regulieren‘.“

Unterstützung durch die Politik schaffen: „Hilfreich

wäre es, wenn Berufsschulen mehr Gewicht in der

Bildungspolitik bekämen. Unsere Ausbildungsberufe

waren lange Zeit Träger und Motor des Mittelstands und

ein Markenzeichen Deutschlands. Heute nimmt in

Berufsschulen das subjektive Empfinden zu, dass es sich

hierbei um eine ‚Auffangschulform‘ für (noch) nicht

arbeitsmarktfähige Schülerinnen und Schüler handelt.“

Das müsse gesamtgesellschaftlich diskutiert werden.

Martin Türck ist einer, der sich einbringt, für seine

Schülerschaft und Berufskolleginnen und -kollegen –

das ist es, warum er den Sprung von der Wirtschaft in

die Berufsschule gewagt hat, denn: „Ich möchte etwas

hinterlassen. Etwas Substanzielles tun. An gute Lehrer/-

innen erinnert man sich noch Jahrzehnte später.“

Martin Türck könnte für viele seiner Schüler/innen so

einer sein.

Den ausführlichen Beitrag finden Sie unter:

https://www.worldskillsgermany.com/de/

blog/2021/11/30/mehr-eigeninitiative-istgefragt/

Weitere Informationen finden Sie unter.

https://www.future-teach.de

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Welche Stellschrauben muss man heute

berücksichtigen, um auch in Zukunft

jungen Menschen eine spannende,

zeitgemäße und flexible Ausbildung

bieten zu können? Und wie können

die Lehrenden mit neuer Infrastruktur

und digitalen Lösungen in diesem

Vorhaben unterstützt werden?

Die Zeit hat gezeigt, dass die Digitalisierung

auch in der technischen Aus- und

Weiterbildung rasant zu neuen Arbeitsweisen,

Zeitmodellen und Kompetenzanforderungen

führt. Das bedeutet nicht,

dass alles Altbewährte verschwinden

muss, aber wer rechtzeitig beginnt,

bewährte Modelle mit neuen Systemen

und neuen Lernformen zu koppeln, begibt

sich nicht in die Gefahr, irgendwann von

der Entwicklung überrollt zu werden. In

Zukunft müssen wir Lernende noch stärker

zu selbstorganisierten, eigenverantwortlichen

und handlungsorientierten

Facharbeitern ausbilden. Der Lehrer und

Ausbilder wird mehr und mehr zum Lernbegleiter

und ist mit ganz neuen Herausforderungen

konfrontiert: Wie findet die

Aufgabenübermittlung statt? Wann ist der

Lernbegleiter für die Lernenden erreichbar?

In welcher Form können Lernfortschritte

oder Wissenslücken kontrolliert

oder aufgedeckt werden? Und wie werden

bei solch individuellen Lernformen Präsenzzeiten

und Praxisübungen gestaltet?

Eine Hausforderung für Lernende, Lehrende

und die Leiter der Bildungseinrichtungen!

Lassen Sie uns hier eine von vielen Möglichkeiten

zur Umsetzung aufzeigen: Um

Festo Learning Experience (LX)

einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen,

setzen wir im ersten Schritt die neue Lernplattform

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Verwaltungstool mit dem Unterricht ganz

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HALL-OF-FAME

„Ich mag es eher

110-prozentig“

Exzellenzmedaillen-Gewinner setzt auch

im eigenen Betrieb auf Qualität

1

2017 belegte Vitus Pirschlinger (25) mit seinem

Kollegen Michael Schmidt bei den WorldSkills

in Abu Dhabi den 6. Platz in der Disziplin

„Landscape Gardening“. Es wäre mehr drin

gewesen, wenn sie am Anfang nicht zu genau

gearbeitet und Zeit verloren hätten. Dafür

gewannen sie eine „Exzellenzmedaille“.

Qualität ist für Pirschlinger bis heute unverzichtbar.

Anfang 2021 hat er sich mit einem

Landschaftsbauunternehmen selbstständig

gemacht und beschäftigt bereits drei Angestellte:

alle mit Meisterbrief.

Berufswahl war nie eine Frage für Vitus Pirschlinger,

denn schon als Kind arbeitete er gerne bei einem

Verwandten im Landschaftsbau mit. 2013 bis 2016

machte er seine Lehre im Garten- und Landschaftsbaubetrieb

Gaissmaier in Freising und „da wurden wir

schon früh gefragt, ob wir bei Berufswettkämpfen

mitmachen wollen. Wir dachten, wir probieren es mal

aus ...“ Wir, das waren Vitus Pirschlinger und sein

Azubi-Kollege Michael Schmidt. Fast beiläufig erzählt

er von den ersten Erfolgen: „Erst die bayerische Ebene,

dann die deutsche und so sind wir in die WorldSkills-

Ebene gerutscht. Man fängt einfach mal an und wenn

„Man fängt einfach mal an und

wenn man Erster wird, dann ist es fast

eine Pflicht, weiterzumachen.“

40


man Erster wird, dann ist es fast eine

Pflicht, weiterzumachen.“

Vor den WorldSkills in Abu Dhabi im

Oktober 2017 wurden die Vorbereitungen

dann aufwendiger: „Man muss schon

überzeugt sein und seine Freizeit opfern

wollen. Sonst macht es keinen Sinn.“ Rund

einen Monat trainierten die beiden intensiv,

intern im Betrieb und an der DEULA

(Deutsche Lehranstalt für Agrartechnik) in

Freising-Weihenstephan. „Dort hatten wir

praktisch einen eigenen Trainer für uns.“

3

Umgang mit Druck und Konflikten

Vor dem Flug nach Abu Dhabi ging es 2

drei Tage ins Trainingscamp, inklusive

mentaler Vorbereitung. Dabei ging es darum, wie man

mit anderen umgeht, mit Druck, mit schwierigen

Themen. „Wir konnten mit Vertrauenspersonen über

Konflikte reden, denn es gab auch mal einen Disput.

Das ist ja auch alles Freizeit, die wir da reinstecken.“

Das Schwierigste in der Vorbereitungszeit war, die

Motivation hochzuhalten: „Du investierst über Wochen

viel körperliche Arbeit, im Prinzip wie auf einer Baustelle,

nur alles im Kleinformat: kleine Terrasse,

Brunnen, Mauer, Sichtschutz. Man arbeitet ohne

Maschinen, alles in Handarbeit. Und nach jedem

Training musst du alles wieder wegbauen. Das ist ein

großer Unterschied zum Berufsalltag.“

Den Wettkampf im Oktober 2017 empfand der

damals 21-Jährige als angenehm – auch wenn es nicht

optimal lief. Die Landschaftsbauer/innen bekommen

für ihr Baufeld einen Plan und ein Leistungsverzeichnis:

„So kannten wir das, aber in Abu Dhabi war das

etwas chaotisch.“ Anfangs lief deshalb einiges schief:

„Wir haben mehr auf Präzision gearbeitet und waren

dann am Ende des ersten Wettkampftags nicht fertig,

dementsprechend haben viele Punkte gefehlt. Dann

haben wir uns auf dieses Bewertungssystem eingestellt

und die nächsten drei Tage liefen besser.“ Es reichte für

den sechsten Platz von 23 Teilnehmenden und eine

Exzellenzmedaille. Die bekamen die beiden für ihre

herausragende Qualität.

Was bleibt?

„Grundsätzlich wird man durch die Wettkämpfe

selbstbewusster, lernt viele Leute kennen, hat viele

Kontakte. Ich kann daraus nur positive Erfahrungen

ziehen und würde das jedem Azubi empfehlen, der die

Möglichkeit hat.“

„Man muss schon überzeugt sein und

seine Freizeit opfern wollen. Sonst macht

es keinen Sinn.“

Diese Erfahrungen haben auch seinen Plan bestärkt,

sich selbstständig zu machen. Bereits im zweiten

Lehrjahr wollte er nebenher arbeiten. Sein Vater gründete

eine Firma „und so konnte ich nebenbei Baustellen

abwickeln.“ Nach Abu Dhabi ging er 2018 bis 2020 ein

Jahr auf die Meister- und ein weiteres auf die Technikerschule.

Zwar gibt es für Landschaftsbaubetriebe keine

Meisterpflicht – „leider. Aber ich habe die zwei Jahre

Schule gemacht, weil ich davon überzeugt bin, dass das

dazugehört, wenn man sich selbstständig macht. Das

muss Hand und Fuß haben.“

Zum 1. Januar 2021 übernahm er die von seinem

Vater gegründete Firma in Erding (Ortsteil Indorf)

in Eigenregie und hatte schon nach kurzer Zeit drei

Festangestellte. Sie kommen alle aus dem Bekanntenkreis

und haben alle einen Meisterbrief. „Betriebswirtschaftlich

bleibt vielleicht ein Euro weniger übrig,

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

41


5

1 Vitus Pirschlinger vor einem

seiner drei Bagger: Anfang 2021

hat er sich selbstständig

gemacht.

2 – 5 Bei den WorldSkills Abu

Dhabi kämpfte Vitus Pirschlinger

gemeinsam mit seinem

Teamkollegen Michael Schmidt,

trainiert von Johannes Gaugel.

4

„Grundsätzlich wird man durch die

Wettkämpfe selbstbewusster.“

aber lieber zahle ich ein gutes Geld und die Qualität

passt. Dann ist auch der Kunde zufrieden. Ich mag es

eher immer 110-prozentig, nicht nur 100-prozentig.“

Natürlich muss auch sein Verdienst passen und das

Geld für Investitionen reichen. Pirschlinger legt großen

Wert auf moderne Maschinen, mit denen sich sicher

und arbeitskraftschonend arbeiten lässt. Rund eine

halbe Million Euro hat er investiert – auch in das soziale

Umfeld und die Arbeitskleidung. Manchen ist er

deshalb zu teuer, aber auf der anderen Seite „kommen

Kunden und wissen, dass ich Deutscher Meister war

und bei den Weltmeisterschaften.“

Ausbildung im Blick

Ein Azubi soll im September 2022 kommen, „und

wenn er will, dann soll er auch an Wettbewerben

teilnehmen.“ Grundsätzlich findet Pirschlinger das

Ausbildungssystem für Landschaftsgärtner/innen

„relativ gut. Der blockmäßige Unterricht in der Berufsschule

erhöht meiner Meinung nach den Lernerfolg.

Man kann sich jeweils besser auf die Arbeit und auf die

Schule konzentrieren.“

Er selbst möchte natürlich vorbildlich ausbilden.

„Die Grundausbildung in der Berufsschule ist die

Voraussetzung, die zusätzlichen Möglichkeiten liegen

im Betrieb: zum Beispiel Umgang mit Materialien;

wie schreibt man einen Tagesbericht; Lehrlingsaustausch

mit anderen Betrieben; im Winter Unterricht in

der eigenen Werkstatt oder übergreifende Arbeiten wie

die Pflege von Maschinen; oder kleine Prüfungen in der

Betriebshalle, damit Azubis für die Prüfungen üben.

Dafür braucht es einen richtigen Ausbilder, einen, der

sich Zeit für die Azubis nimmt und das gerne macht.“

In bester Erinnerung hat er die überbetrieblichen

Angebote der DEULA Freising. „Da gibt es viele Kurse,

vom personalen Training übers Buchhalterische bis

zum Handwerklichen. Da könnte man Überberufliches

zusammenfassen. Das wäre vor allem positiv für

verwandte Berufe, weil man von jedem etwas mitnehmen

kann.“

Den ausführlichen Beitrag finden Sie unter:

https://www.worldskillsgermany.com/de/

blog/2021/11/26/ich-mag-es-eher-110-

prozentig/

42


Arbeitskleidung

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Engagement

Wie kann Deutschland künftig noch

besser abschneiden?

Warum die Selbstbewertung wichtig für Wettbewerbspunkte ist

Sich selbst einzuschätzen, fällt vielen schwer.

Nicht selten liegen Selbst- und Fremdwahrnehmung

deutlich auseinander. Was im privaten

Umfeld bisweilen anstrengend und im

Beruf manchmal fahrlässig ist, kann im beruflichen

Wettbewerb richtig Punkte kosten. Wer

die verschiedenen Parameter der Jury-Bewertung

kennt, ist klar im Vorteil. Selbstverständlich

also, dass die Selbstbewertung der Teilnehmenden

zu einer soliden Vorbereitung

gehört – oder etwa doch nicht?

Die Bundestrainerinnen und Bundestrainer für die

Euro- und WorldSkills-Wettbewerbe machen einen

tollen Job: Sie organisieren die Ausscheidungen und

machen die besten Teilnehmenden ausfindig. Aber

getreu dem Motto „Nichts ist so gut, als dass man es

nicht verbessern könnte“ soll für die Deutschen Meisterschaften

und die Vorbereitung der Teilnehmenden auf

die EM oder WM der Berufe eine zusätzliche Variante

ins Spiel gebracht werden: die Selbstbewertung.

Warum die Selbstbewertung wichtig ist

Die Jury-Bewertung in beruflichen Wettbewerben

setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen:

Ein korrekt gesetztes Bohrloch, der kreativ gestaltete

Blumenstrauß oder die kunstvolle Dessertkreation

sind dabei mitunter genauso wichtig wie ein sauberer

Arbeitsplatz oder das Einhalten von Arbeitsschutzmaßnahmen.

Das sollte, neben der fachlichen Übung,

ein wichtiger Teil der Vorbereitung sein.

„Für einen erfolgreichen Wettbewerb muss man

wissen, wofür die Wettbewerbspunkte vergeben

werden und was komplett unwichtig ist. Sind die

Teilnehmenden in der Lage, sich anhand der Selbsteinschätzung

zu bewerten, und wissen, worauf sie achten

müssen, wo Schwächen und Stärken liegen, dann

wissen sie auch, wo sie sich verbessern können“, sagt

zum Beispiel Robert Erdmann, Bundestrainer in der

Disziplin Industriemechanik. „Die Erfahrung zeigt,

dass sich die Teilnehmenden zunächst meist besser

bewerten. Wenn wir dann zusammen draufschauen

und die Maße bei einem Teil feststellen und mit der

1

Vorgabe vergleichen, dann liegen wir schon mal auseinander.

Schaut mir der Teilnehmende dabei zu, wie

ich messe und bewerte, kann er viel lernen. Das hilft

später enorm im Wettbewerb.“

Das sind wichtige Gründe, warum sich auch Schützling

Tim Herrmann, der jüngst bei den EuroSkills Graz

2021 die Goldmedaille in seiner Disziplin gewann,

selbst bewertet: „Selbstbewertung ist ein wichtiger Teil

des Trainings. Je besser man sich selbst und seine

Leistung bewerten und einschätzen kann, desto besser

kann man an seinen Problemen arbeiten.“ Wenn zum

technischen Know-how dann noch weitere Kenntnisse

rund um den Arbeitsplatz wie Sicherheit oder Sauberkeit

beachtet werden, sammeln die Wettbewerber/-

innen wertvolle Punkte im Medaillenrennen.

Die Trainer/innen sind gefragt

Bisher läuft es in vielen Disziplinen (noch) anders:

Die Trainerinnen und Trainer bewerten die jeweiligen

Wettbewerbsaufgaben, am Ende werden Ergebnisse

und Platzierung verkündet. In einigen Fällen erhalten

die Teilnehmenden ein kurzes Feedback. Wenn diese

aber die Chance haben, die Aufgaben selbst zu bewerten,

bekommen sie einen ganz anderen Bezug zur eigenen

Prüfungsleistung.

Voraussetzung ist natürlich, dass ihnen der entsprechende

Bewertungsbogen und die Bewertungs-

„Für einen erfolgreichen Wettbewerb

muss man wissen, wofür die Wettbewerbspunkte

vergeben werden und was komplett

unwichtig ist.“ – Robert Erdmann, Viega GmbH & Co. KG

44


kriterien bekannt sind. Wenn die Teilnehmenden

gemäß dem Bewertungsbogen die eigenen Erkenntnisse

dokumentieren, wird das künftige Arbeiten

positiv beeinflussen. Sie werden versuchen, gemachte

und selbst erkannte Fehler künftig zu vermeiden. Die

Bewertung der eigenen Leistung führt sicher auch

dazu, dass die Fachkräfte ihrer Leistung künftig mehr

Aufmerksamkeit schenken. Allerdings: Die Selbstbewertung

durch die Teilnehmenden ersetzt keineswegs

die Bewertung durch die Bundestrainer/innen. Sie hilft

jedoch dabei, einen Vergleich der jeweils erzielten

Ergebnisse herzustellen und die gemachten Fehler mit

dem Teilnehmenden zu besprechen.

Fazit

Eine einseitige Ermittlung der Prüfungsleistungen

kann zu einem einseitigen Bild der Leistungsentwicklung

führen. Deshalb sollten alle Bundestrainerinnen

und Bundestrainer eine Selbstbewertung durch

den jeweiligen Teilnehmenden einplanen und ermöglichen

– um bei Wettbewerben so erfolgreich wie

möglich abzuschneiden. Für weitere Fragen zur Selbstbewertung

stehen Jens Bielicke und Franz Schropp zur

Verfügung.

2

Franz Schropp

Senior Technical Delegate WorldSkills

Germany

Warum das Thema Selbstbewertung in

den Fokus gehört, lesen Sie auch in unserem

Hall-of-Fame-Beitrag über Vitus

Pirschlinger auf den Seiten 40 – 42.

1 + 2 Für Tim Herrmann hat sich das harte Training

gelohnt. Er gewann Gold in der Disziplin "Industriemechanik"

bei den EuroSkills Graz 2021.

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Netzwerk

Gemeinsam jungen Menschen

eine Zukunft geben!

Das Netzwerk von WorldSkills Germany wächst kontinuierlich. Welche Motivation

haben Unternehmen und Verbände, sich für eine Mitgliedschaft bei

WorldSkills Germany zu entscheiden und sich somit für die beruflichen Wettbewerbe

und die damit verbundene Nachwuchsförderung zu engagieren?

Phoenix Contact GmbH & Co. KG

Seit 25 Jahren engagiert sich Phoenix Contact für technische

Bildung als Teil der unternehmerischen Verantwortung.

Mit dem Corporate Start-up „TechEduation

– powered by Phoenix Contact“ wurde ein neuer

Bereich in der Phoenix Contact-Welt geschaffen, der

die Technologieexpertise und Marktführerschaft des

Gesamtunternehmens ergänzt. Mit dem Ziel ganzheitliche

und innovative Bildungsangebote für den

technischen Bildungsbereich zu entwickeln und in den

Markt zu bringen, sollen vor allem junge Menschen in

Schule, Fachschule, Hochschule und Wirtschaft in den

Bereichen Elektrotechnik, Automatisierung und

Vernetzung befähigt werden. Motivation dabei ist die

Begeisterung für Technik. Antrieb ist die Überzeugung,

dass Bildung und Wissen einen wesentlichen Beitrag

zur Lösung der großen Herausforderungen für eine

nachhaltige Welt leisten.

AIM3D

Wir sind AIM3D GmbH, ein 2017 gegründetes Start-up

das industrielle 3D-Drucker herstellt, die nach dem an

der Universität Rostock entwickelten CEM-Verfahren

arbeiten. Dies ermöglicht die Herstellung von Bauteilen

und Prototypen auf Basis von marktüblichem Spritzgießgranulat

der Werkstoffgruppen Metall, (gefüllten)

Thermoplasten und Keramik ohne Umrüstungsaufwand

auf einer disruptiven Multimaterial-3D-Druck anlage.

Die universelle Anlage überschreitet Materialgrenzen,

ermöglicht den Einsatz konventioneller Spritzgießwerkstoffe

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Empfehlung

Superjobs XL

Spannende Berufswelt ins TV gebracht

Die Welt der Berufe ist einzigartig, erlebnisreich, voller

besonderer Bilder und Aha-Effekte. Mit „Superjobs XL“

hat WorldSkills Germany ein Format entwickelt, das

genau diese spannende Berufswelt ins Fernsehen und

Internet bringt. Ab Januar 2022 geht auf dem TV-Sender

„Welt der Wunder“ die erste Staffel mit sechs Folgen an

den Start. Außerdem sind diese auch auf dem reichweitenstarken

YouTube-Kanal des Senders zu finden.

Insgesamt zwölf Ausbildungsberufe werden dann lebhaft

und informativ, aber auch lustig und bunt beleuchtet.

Jessica Jörges, Deutschlands „beste Malerin“ 2018,

Influencerin und TV-bekannter WorldSkills-Champion,

besucht in „Superjobs XL“ deutschlandweit Auszubildende

in ihren Unternehmen, probiert sich dort selbst

aus und gibt den Zuschauerinnen und Zuschauern

Einblicke in die faszinierende Welt der Berufe – ob

Zerspanungsmechaniker/in, Elektroniker/in für Geräte

und Systeme, Maler/in, Kaufmann/-frau für Marketing-

Kommunikation, Industriemechaniker/in, Mechatroniker/in

für Nutzfahrzeuge, Bauzeichner/in oder

Indus trie 4.0.

Interessierte Unternehmen, die mit ihren Auszubildenden

in der zweiten Staffel von „Superjobs XL“ dabei sein wollen,

können ihre Anfrage senden an Hubert Romer unter

romer@worldskillsgermany.com.

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# Verbundenheit


Nachgefragt

Acht Fragen an Staatsminister

Martin Dulig

Es gibt zwar heute durchaus die Möglichkeit ein Fachabitur

zu machen, aber so eine klassische Ausbildung,

wie ich sie damals begonnen habe, mit einem vollwertigen

Berufsabschluss, mit einem vollwertigen Abitur,

sowas gibt es nicht mehr.

„Eine starke Demokratie rüttelt die Menschen

wach und ermuntert zum Mitmachen!“ Martin

Dulig, in Plauen geboren und in Meißen aufgewachsen,

ist seit 2014 sächsischer Staatsminister

für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Er

entstammt einem kirchlichen Elternhaus und

war im Februar 1990 Mitbegründer der Jungen

Sozialdemokraten in der DDR. Da er kein

Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ)

war und sich auch nicht für die Volksarmee

verpflichten wollte, blieb ihm das Abitur mit

anschließendem Architektur-Studium verwehrt.

Doch es gab gute Alternativen. So

begann er 1989 eine Lehre zum Baufacharbeiter

(Maurer mit Abitur), konnte diese jedoch

wegen der Schließung seines Ausbildungsbetriebs

zur Wendezeit nicht beenden. Dulig

arbeitete daraufhin als Jugendbildungsreferent

bei der SPD, studierte später Erziehungswissenschaften

an der Technischen

Universität Dresden und war freiberuflicher

Trainer in der Erwachsenenbildung.

1. Würden Sie sich heute noch einmal für eine

Ausbildung entscheiden?

Ja, unbedingt. Die Möglichkeit, eine Berufsausbildung

mit Abitur abzulegen, war eine grandiose

Möglichkeit, die ich mir auch heute wünschen würde.

2. Welche Erinnerung haben Sie an Ihre Ausbildungszeit?

Beeinflusst diese heute Ihre politische Arbeit?

Ich möchte diese Zeit vor meinem Studium wahrlich

nicht missen. Das, was ich als Handwerker gelernt

habe, sind Fähigkeiten, die ich auch heute noch

anwende. Ich bin nach wie vor stolz darauf, dass es mir

gelingt, in meinem Haus über Kopf eine Decke zu

verputzen. Daran sieht man, dass man mit einer guten

Ausbildung was fürs Leben lernt. Zum anderen wünsche

ich allen einfach auch die praktischen Erfahrungen,

die mit einer guten Ausbildung verbunden sind.

3. Was beschäftigt Sie als Vater am meisten?

Als Vater überlegt man sich natürlich immer auch,

was der beste Weg für die eigenen Kinder ist. Meine

Frau und ich gehören nicht zu denjenigen, die glauben,

dass Kinder nur erfolgreich sind, wenn sie dem deutschen

Bildungsideal folgen: Abitur ablegen und studieren.

Jedes Kind geht einen eigenen Weg. Auch bei unseren

Kindern ist es immer so gewesen, dass wir ihnen

alle Wege offengehalten haben – auch wenn der Großteil

von ihnen studiert hat. Ein Sohn macht gerade eine

Tischlerlehre. Ich als Vater bin froh, unsere Kinder so

begleitet zu haben, dass sie alle ihren eigenen Weg

gehen konnten.

4. Haben Sie die Sorge, dass alles zu akademisiert ist,

dass man glaubt, nur wenn man seine Kinder

studieren lässt, wird etwas aus ihnen werden?

Genau, mich ärgert, dass dieses vorherrschende

Bildungsideal für viele zum Gegenteil wird: Das

Jugendliche enttäuscht werden, dass sie aufgeben, dass

sie ihr Selbstwertgefühl verlieren, nur weil sie glauben,

sie seien Versager, wenn sie kein Abitur machen oder

studieren.

5. Was würden Sie jungen Menschen raten, wenn es

um die Entscheidung einer Berufswahl geht?

Ich kann jungen Leuten immer nur empfehlen,

achtet auf euch und eure Fähigkeiten. Nicht andere

50


„Das, was ich als Handwerker gelernt

habe, sind Fähigkeiten, die ich auch heute

noch anwende.“

bestimmen, was Erfolg ist, nicht andere bestimmen,

was man tun muss, um glücklich zu sein! Umso

wichtiger ist es, dass man sich vielleicht an anderen

Menschen orientiert, die aufgrund völlig anderer

Bildungs- und Lebenswege erfolgreich geworden sind.

Lasst euch nicht von außen einreden, was Erfolg ist.

6. Erhält die duale Ausbildung in Ihren Augen die

Wertschätzung, die sie verdient?

Grundsätzlich wird in Deutschland die duale Ausbildung

sehr wertgeschätzt. Wir reden tagtäglich über

Fachkräfte. Fachkräfte haben etwas mit guter Ausbildung

zu tun – da können wir wirklich stolz darauf sein.

Von daher ist es für mich eher die Frage, wie stärken wir

den Kulturwandel, den wir benötigen, damit wir eine

bessere Wertschätzung gegenüber dualer Ausbildung in

den Köpfen der Leute hinbekommen? Solange das

Bildungsideal die akademische Ausbildung ist, wird es

die duale Ausbildung immer schwer haben. Deshalb ist

es für mich wichtig, dass wir nicht die akademische

Ausbildung entwerten, sondern dass wir die duale

Ausbildung aufwerten. Etwa, indem wir jungen Leuten

Erfolgsgeschichten erzählen. Dass man mit einer guten

Ausbildung gut leben kann. Man auch seinen Meister

machen kann und später studieren. Es steht einem mit

„Nicht andere bestimmen, was Erfolg

ist, nicht andere bestimmen, was man tun

muss, um glücklich zu sein!“

einer guten Ausbildung eigentlich die ganze Welt offen.

Diese Erfolgsgeschichten müssen wir jungen Leuten

erzählen, damit sie sehen, dass eine duale Ausbildung

durchaus etwas für sie sein kann.

7. Wenn Sie an die Zukunft im Allgemeinen und die

berufliche Weiterbildung im Speziellen denken, was

bereitet Ihnen Sorge und wo sehen Sie positive

Entwicklungen?

Ich bin zuversichtlich, dass die duale Ausbildung

auch künftig einen hohen Stellenwert haben wird. Aber:

Schon jetzt merken wir, dass es schwer wird, junge

Leute für spezielle Berufe zu begeistern, die mit deutlich

mehr Anstrengungen verbunden sind als andere. Ich

hoffe aber schlichtweg, dass uns da auch die Technik

und moderne Formen der Arbeit – etwa moderne

Arbeitszeitmodelle – helfen. Wir reden zum Beispiel von

der Digitalisierung und von Automatisierung, von

Robotisierung. Davor muss man keine Angst haben. Der

Roboter wird uns nicht die Arbeit wegnehmen, er wird

uns Arbeit erleichtern. Aber da bedarf es auch das

Umdenken noch in so manch einem Unternehmen.

8. Wenn Sie an einem Wettbewerb Ihrer Wahl

teilnehmen könnten, welcher wäre das?

Ich finde Wettbewerbe generell hilfreich, um zu

zeigen, was man drauf hat. Damit motiviert man ja

auch wieder andere. Wettbewerbe, egal welche, ob jetzt

die WorldSkills oder der Sächsische Designpreis, ob

der Innovationspreis in Sachsen oder der Deutsche

Umweltpreis, zeigen ja etwas, worauf man auch stolz

sein kann. Und sie können andere motivieren, es noch

besser machen zu können.

Impressum

Herausgeber WorldSkills Germany

Magazin von WorldSkills Germany e. V.

Krefelder Str. 32, Haus B-West,

70376 Stuttgart

Kontakt info@worldskillsgermany.com

Telefon +49 (0) 711 4798 - 8020

Verantwortlich für Inhalt Hubert Romer

Redaktionsleitung Stephanie Werth

Textredaktion Michaela Conrad, diejournalisten.de

GmbH/Sahra Amini/

Karoline Estermann/Stefany Krath/Martin

Stengel, Andrea Nagl, Franz Schropp,

Jörg Wehrmann, Hubert Romer,

Stephanie Werth

Fotoredaktion Michaela Conrad,

Studio Oase, Stephanie Werth

Gestaltung Studio Oase

Druck Heidelberger Druckmaschinen AG

Fotos Efe Kurnaz/unsplash und Harrison

Haines/pexels (Cover), tobias-bjørkli und

Lisa/pexels (S. 1), Kei Scampa/pexels (S. 2

o.l.), ThisIsEngineering/pexels (S. 2 o.r., 9,

13, 20), Volkswagen AG (S. 2 u.l., 16),

www.slon.pics/freepic (S. 2 u.r.), Frank

Erpinar (S. 3 o., 26-29, 41 o., 42 u., 45),

Christian Ahrens/IHK Köln (S. 3 u.),

Rodnae Productions/pexels (S. 4), Tara

Wistead/pexels (S. 5), tirachardz/freepik

(S. 6), WorldSkills Germany (S. 7, 14, 53

u.), akwice/pexels (S. 8), cottonbro/pexels

(S. 10), petrmallnak/freepik (S. 11), tesa

Werk Offenburg GmbH (S. 18 o.), freepik

(S. 18 u.), Jasmine Butzheinen (S. 19 o.),

Malte Weber (S. 19 u.), Elle Hughes/pexels

(S. 21), gpointstudio/pexels (S. 22),

lookstudio/freepik (S. 23 o.), BBS I Uelzen

(S. 23 u.), freepik (S. 24), ppp architekten

+ stadtplaner gmbh (S. 25), IHK Köln (S.

32), Ahrens+Steinbach Projekte (S. 33),

Bau Bildung Sachsen e. V. (S. 35), Martin

Türck (S. 37-38), Vitus Pirschlinger (S. 40),

Jörg Wehrmann (S. 41 u.), AuGaLa (S. 42

o.), EuroSkills2021 (S. 44), SMWA/Ronald

Bonß (S. 50), WorldSkills Ghana (S. 53 o.),

WorldSkills International (S. 53 m.)

ISSN 2566-7688

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

51


Wichtige

Unterstützung für

Deutschlands

Jugend und die

duale Ausbildung

WorldSkills Germany ist dankbar für das große

Engagement seiner Mitglieder und Partner.

Darüber hinaus tragen zahlreiche Sponsoren,

darunter auch kleine und mittlere Unter nehmen,

mit ihrer finanziellen Unterstützung dazu bei,

jungen Menschen Perspek tiven und eine Zukunft

zu geben sowie ihre Talente zu fördern. In diesem

Jahr waren dies bisher:

Brunsch & Meyer Grund und Boden AG

Mix Markt 05 oHG

Uhlemann GmbH

Karcoma-Armaturen GmbH

Lutz Pumpen GmbH

Lässig GmbH

Ätztechnik Herz GmbH & Co. KG

DiaLog-Service GmbH

Divita I-T-M GmbH & Co. KG

C. Portabales GmbH

A. Nonn Bau GmbH

Natixis Pfandbriefbank AG

APEX Personaldienstleistungen GmbH

Schreinerei Jürgen Pfau e. K.

trewe print Foliendruck GmbH

Wächter Elektronik GmbH

Essig Frischmenü GmbH

Otto Rothermel GmbH

sysmat GmbH

Mabanol Schmierstoffe GmbH & Co. KG

Telebon GmbH

Bäder Betriebe Frankfurt GmbH


News

Weiterentwicklung der beruflichen

Bildung in Afrika

Bildung, Forschung und Technologieentwicklung im

nächsten Jahr ein WorldSkills Occupational Standards

Development Centre, durch das berufliche Standards

weltweit weiterentwickelt werden sollen. Darüber

hinaus wird 2022 von WSI eine Studie veröffentlicht,

welche die Bedeutung und Wirkeffekte von Berufswettbewerben

und der globalen WorldSkills-Bewegung

als solche beschreibt. Über weitere Projekte lesen Sie

auf der Website von WorldSkills Germany.

Beim WorldSkills Ghana National Skills Competition in

Accra zeigten im Oktober rund 80 Finalistinnen und

Finalisten das große Potenzial der Jugend für die Zukunft

Ghanas. Hierbei konnten erfolgreich die globalen

WorldSkills-Standards mit den nationalen Berufsbildungs-Grundlagen

ver-bunden werden. Als deutscher

Kooperationspartner erhielt WorldSkills Germany dafür

vom Staat Ghana den „TVET EXCELLENCE AWARD

2021“. Auch in Zukunft wird WorldSkills Germany im

Rahmen des Partnerschafts-Programms, das von der

Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit

gefördert wird, begleitend zur Seite stehen. Weitere

Länder wie Kenia und Nigeria werden folgen.

Mehr Infos auf der WSG-Website:

www.worldskillsgermany.com/de/blog/2021/

11/28/globale-standards-in-der-berufsbild

ung-im-internationalen-kontext

EuroSkills 2027 –

gemeinsame Bewerbung mit WorldSkills

Luxembourg beabsichtigt

Mehr Infos auf der WSG-Website:

www.worldskillsgermany.com/de/blog/2021/

11/02/nationale-berufswettbewerbe-in-ghana

Globale Standards in der Berufsbildung

im internationalen Kontext

WorldSkills Germany und WorldSkills Luxembourg

beabsichtigen die gemeinsame Bewerbung um die

Austragung der EM der Berufe, den EuroSkills 2027. Es

ist das erste Mal in der 15-jährigen Geschichte von

WorldSkills Europe, dass zwei Nationen zusammen eine

Kandidatur für die Europameisterschaft der Berufe

einreichen möchten. Mit der beabsichtigten Bewerbung

sollen die EuroSkills 2027 zum Bildungsgipfel der

beruflichen Bildung mit europaweiter Ausstrahlung

werden. So soll der Fokus auf ihre Besonderheiten und

Vorzüge, vor allem aber auch auf die Vielfalt der Berufsbilder

gelegt werden. Man möchte vor allem junge

Menschen für die berufliche Ausbildung begeistern

und mitreißen.

Das Netzwerk von WorldSkills International (WSI) zeigt

immer wieder, wie effektiv und innovativ sich seine

Mitglieder der Weiterentwicklung der beruflichen Ausund

Weiterbildung widmen. So startet Skills Finland

gemeinsam mit WSI und Partnern aus der Wirtschaft,

Mehr Infos auf der WSG-Website:

www.worldskillsgermany.com/de/blog/2021/

08/17/deutschland-und-luxemburg-beabsicht

igen-gemeinsame-bewerbung-euroskills

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

53


Termine

Jetzt vormerken!

Veranstaltungen

Januar

„Von den Besten lernen –

Ausbildung 4.0 – Riesenchancen

nutzen!“

12.01.2022 oder 19.01.2022

Online

Webinar Bundestrainer/innen

27.01.2022

Online

Februar

„Train the trainer – WD40

für Dein Englisch“

14-tägiger Online-Sprachkurs

März

Deutsche Meisterschaft Industriemechanik

07.03. – 11.03.2022

Viega GmbH & Co. KG,

Großheringen

wirAUSBILDER-DIALOG LIVE

„Wichtige aktuelle rechtliche

Aspekte für die Ausbildung

– Fallstricke und Lösungen“

15.03.2022

Online

Deutsche Meisterschaft IT-Network

Systems Administration

„Train the trainer – Motivieren …

aber wie?“

28.04.2022

Online

Mai

„Young Professionals – Gut sein,

wenn’s drauf ankommt!“

04.05.2022

Online

Skill-Paten-Treffen

18.05.2022

Ort tbc

03.02.2022

Online

angemeldet

21. – 27.03.2022

ECKD Service GmbH, Kassel

„SkillsKomm – Das Event für

Marketing- und PR-Profis“

Online-Meeting der Fachgruppe

Kommunikation

Anfang Februar

Online

Webinar Bundestrainer/innen

17.02.2022

Online

WorldSkills Shanghai Competition

Preparation Meeting

28.02. – 04.03.2022

Shanghai, China

Webinar Bundestrainer/innen

31.03.2022

Online

„Von den Besten lernen –

Industrie 4.0 – Die industrielle

Revolution“

März

Online

April

WSG-Themenwoche

„Berufliche Bildung“

April

Online

18.05.2022

Ort tbc

Kaminabend

18.05.2022

Ort tbc

Mitgliederversammlung

19.05.2022

Ort tbc

Water Skills Germany

30.05. – 03.06.2022

IFAT, München

54


Die jeweils aktuelle Terminübersicht

finden Sie auf:

www.worldskillsgermany.com/

de/termine/

2022

„Train the trainer – Meisterschaft

goes international“

5-tägige Bildungsreise nach

Malta

Mai

Malta

Juni

Albert-Einstein Cup

30.05. – 02.06.2022

Neubrandenburg

„Von den Besten lernen -

Wie machen wir Lernumgebungen

fit für die Zukunft?“

Juni

„Train the trainer –

Meisterschaft goes international“

5-tägige Bildungsreise

nach Malta

Juni

Malta

RegioCup Industriemechanik

Juni

Rheinböllen

Webinar Bundestrainer/innen

30.06.2022

Online

WorldSkills Shanghai 2022 –

Vorbereitungstreffen 2

Juni oder Juli

Ort tbc

Juli

Webinar Bundestrainer/innen

28.07.2022

Online

September

„Von den Besten lernen –

Mentales Training: Spitzenleistung

bringen und dabei gesund bleiben“

September

Online

Christiani Ausbildertage

September

Ort tbc

WorldSkills Germany online

Lesen Sie Aktuelles von WorldSkills Germany und

informieren Sie sich über die vielfältigen Angebote

und Projekte auf:

Website www.WorldSkillsGermany.com

Facebook facebook.com/WorldSkillsGermany

Twitter twitter.com/worldskillsger

Instagram instagram.com/worldskills_germany

YouTube youtube.com/user/WorldSkillsGermany

Xing xing.com/pages/worldskills-germany-e-v

Online-Meeting der Fachgruppe

Kommunikation

September

Online

Oktober

WorldSkills Shanghai 2022

12. – 17.10.2022

Shanghai, China

„Von den Besten lernen –

Online aus Shanghai“

Oktober

Online

November

„Von den Besten lernen –

Additive Manufacturing – Was

ist mit der 3D-Technologie alles

möglich?“

November

Online

Dezember

WorldSkills Shanghai Nachtreffen

Dezember

Berlin

jakobb – Jahreskongress

Berufliche Bildung

Dezember

Stuttgart

WorldSkills Germany Magazin – No. 21 / Dezember 2021

55


partner und mitglieder

Eine starke Gemeinschaft: Wir sagen DANKE

Presenterpartner

Weitere Mitglieder

Albert-Einstein-Gymnasium ENeubrandenburg

Partner und Förderer

56


Servicepartner

beruflich aufwärts

KWB

KURATORIUM

DER DEUTSCHEN

WIRTSCHAFT FÜR

BERUFSBILDUNG

Mehr Informationen zur

Mitgliedschaft auf:

www.worldskillsgermany.com/de/netzwerk/

mitglied-werden/


Beschriften ist unser Skill

Zum Beispiel das Beschriften von Kabeln und Servern

im Skill IT-Network Systems Administration. Was ist Dein

Skill? Finde unter www.brother.de/beschriftungsgeraete

heraus, welche Beschriftungslösungen wir für Dich haben.

brother.de

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